Wozu schön …

… wenns hässlich auch geht!

Einige Anmerkungen zur Gmundner „Tourismusgesinnung“ am Beispiel der Grünberg-Seilbahn

von Babsy Blitzschnell

Habe schnell mal einen neuen Drink erfunden: den Gmundner Ball the Wall (ja, hm, was „ball the wall“ bedeutet, das kann man in einem guten Wörterbuch der englischen Umgangssprache finden): 4 cl Wodka, 4 cl Most, 1 cl Traunseewasser, 1 Aspirin-C-Brause reinwerfen. Ach ja, damit niemand sich Sorgen macht: Ihre Babsy trinkt nicht dauernd, nur manchmal. Obwohl hier in Gmunden gibt es rund um die Uhr immer wieder neue, gute Gründe, sich volllaufen zu lassen. Diese Stadt ist kein Desaster, die ist ein unangenehmer Zustand. Dank jener Politiker, die alles machen, um diese Stadt zu verschandeln. Der Gmundner Ball the Wall sollte jedenfalls in den hiesigen Lokalen zum Standardgetränk für hier Lebende werden. Nach dessen Genuss nimmt man nur die Hälfte der Ärgernisse wahr, fühlt sich also doppelt glücklich. Auch wenn Drogen kein Ausweg sind, man fragt sich manchmal, nach der Einnahme welcher Drogen hierstadts Entscheidungen getroffen werden.

Aber jetzt kommt ihre Babsy schon blitzschnell zur Sache. Angeblich sind ja bereits zigtausende Leute mit der neuen Seilbahn auf den Grünberg gefahren. Wer immer das wie immer und nach Einnahme welcher Drogen gezählt hat – die meisten Gmundnerleins, mit denen Ihre Babsy spricht, sind mit der neuen Seilbahn jedenfalls noch nicht gefahren. Kennen bisher nur die Bilder der Gondel, die sind zwar optisch auch nicht gerade ein Glanzstück und schauen eher wie eine behübschte Materialseilbahn aus. Aber immerhin ein Versuch: man hat jemanden mit einem Küberl grüner Farbe auf die Gondeln loslassen und meint wohl, hier eine tolle Design-Arbeit abgeliefert zu haben. Es kann ja nicht jeder was davon verstehen, nicht wahr? Design, das lassen wir den Italienern, die müssen schliesslich auch von was leben. Hauptsache, die Gondeln fallen nicht wieder runter. Und von bildender Kunst muss man hier im Ort auch nicht unbedingt was verstehen, tut man auch nicht, darum gibts hier ein Klomuseum.

Nun, wie gesagt, die meisten Gmunderleins kennen die Seilbahn bisher nur von den Bildern der Gondeln. Und gar nicht so wenige werden hier im Blog die Bilder vom Seilbahn-Haus vulgo Kohleförderanlageturm Botrop kennen, also jene Seite der Talstation, an der die Gondeln das Haus bergwärts verlassen. Scheusslich genug, diese Perspektive. Aber wahrscheinlich sollen sich die Touristen aus dem Ruhrgebiet gleich heimisch fühlen. (Kleiner Hinweis für die Möchtegern-Investoren in Gmundner-Hotel-Bauten: vielleicht mal einen zehnstöckigen Hotelbau in Form eines Bohrturms, da werden die deutschen Touristen in Scharen kommen!)

Was die normalen Gmundnerleins aber bisher grösstenteils nicht kennen, das ist die Eingangsseite des Gebäudes und das Gebäudeinnere. Wir stellen also hier mal ein paar Bilderln davon ins Netz. Man kann nur sagen: der Gestaltungswille hat voll zugeschlagen. Ein Prachtjuwel architektonischen Einfallsreichtums und Formwillens. Eine Zierde des Tourismus. Das Ambieten: umwerfend und heimelig, typisch für das Salzkammergut. Man fühlt sich gleich total wohl, man merkt: hier gibts Tourismusgesinnung. Also Bild frei für die Talstation/Eingangsansicht:

seilbahn_eingangtal_a

Man erkennt sofort: hier geht es nicht zu einem Warenlager oder einem düsteren Billigst-Diskonter, nein, hier geht es zu einem „touristischen Meilenstein“ (Copyright ÖVP-ÖVP-Zeitung), einer Landmark im Gmundner Tourismus. Man merkt auch sofort: jetzt ist man im Salzkammergut. Unverkennbar. Wer meint, vor einem tristen Zweckbau im Stil der 1950er-Jahre zu stehen, dem ist halt nicht mehr zu helfen. Dem fehlts an der richtigen Tourismusgesinnung.

Aber es geht noch viel, viel besser! Der Aufgang zur Bergfahrt ist von unübertreffbarer Schönheit und Anmut, gibt den zur Bergfahrt entschlossenen Touristen aller Geschlechter sofort das Gefühl: hier geht es mitten in die Natur, ins Naherholungsgebiet Grünberg. Die Erholung setzt schon beim Erklimmen dieses wahrhaft malerischen und kunstvoll gestalteten Stiegenaufgangs ein:

seilbahn_aufgang_a

Hier kann man sich schon im vorhinein richtig vom Naturschock erholen: schmuckloser Beton, Handläufe, sonst nichts. Reduzierung auf das Wesentliche nennt man das. Jene Touristen, die jetzt glauben, sich in Hitlers Alpenfestung verirrt zu haben, soll man ruhig in diesem Irrtum belassen, sonst fahren sie womöglich hinüber zum Königssee … und das wäre dann aber wirklich die falsche Tourismusgesinnung, nicht wahr!

Aber man macht hier in Gmunden nicht nur der Alpenfestung Konkurrenz, sondern auch den nordost-sibirischen Bahnhofshallen. Denn die ungemein gelungene Kassenhalle im neuen Seilbahngebäude ist derart perfekt, phänomenal, herausragend aus dem Einerlei, dass sie das Potential hat, die Touristenströme von Ostsibirien direkt nach Gmunden umzuleiten. Wer es nicht glaubt, bittesehr, hier ist der bildliche Beweis:

seilbahn_eingangshalle_aJa, so baut man im 21. Jahrhundert, oder etwa nicht? Bewusst hat man auf jeden architektonischen Hinweis darauf, sich im Salzkammergut oder gar in Gmunden zu befinden, vermieden. So kommen auch Irrläufer (also Touristen, die eigentlich in den Autobus Richtung Besichtigung rumänischer Plattenbauten einsteigen wollten) zu uns nach Gmunden und merken gar nicht den Unterschied. Wenn man den Bus dann noch eine kleine Besichtigungstour durch Schlagenstrasse und Teile vom Im Gsperr fahren lässt, weiss man: die rumänische Architekturkunst hat es bis Österreich geschafft. Europa wächst zusammen, und die Rumänen exportieren nicht nur Bettler!

Ehrlich, Ihre Babsy fragt das jetzt, ohne einen Gmundner Ball the Wall gekippt zu haben: sind die hier alle völlig gaga? Glaubt man wirklich, mit einem solchen Ambiente den Tourismus anzukurbeln? Wenn das Land angeblich 10 Millionen Euronen in die Seilbahn investiert hat, dann wäre es auf 100.000 mehr auch nicht mehr angekommen, um sich um eine Architektur (innen und aussen!) zu kümmern, die signalisiert: Leute, ihr seid jetzt im Salzkammergut angekommen! Haben all die schlauen Gmundner Tourismusverantwortlichen nicht kapiert, dass das Ambiente ein wesentlicher Teil des Urlaubserlebnisses ist? Die Unverwechselbarkeit des Ortes, seine Typizität? Hier glaubt man, sich auf den See verlassen zu können. Aber schöne Seen gibt es auf allen Kontinenten. Was ist das Einzigartige von Gmunden? Darüber sollte man mal nachdenken. Sicher nicht Hansi Hinterseer-Konzerte oder lärmende Feste a à la Ballermann, nach denen dann die Besoffenen noch stundenlang randalierend quer durch die Stadt marodieren (wie letztlich nach dem Fest an der Seelände).

Ihre Babsy sagt es ganz deutlich: der Bau und die Ausgestaltung des neuen Seilbahngebäudes spottet jeder Beschreibung und ist eine Beleidigung für jeden, der etwas von Bildender Kunst oder von Architektur versteht sowie ein Hohn für alle, die sich ein Mindestmass an Schöhnheitsempfinden bewahrt haben. Und für die Gmundner Pfeffersäcke, die vor lauter Geldgier nicht wissen, wieviele Hotels sie noch in den Sand setzen wollen: es ist auch finanziell kontraproduktiv, solche Hässlichkeiten in die Landschaft zu klotzen. Vielleicht hat es schon mal wer bemerkt: die Reisenden fragen nach dem „Schlosshotel Ort“, nicht nach Bochumer Fördertürmen.

Wer Hässlichkeiten baut, wird hässlichen Tourismus ernten. Vielleicht kann man das dem Herrn Murray und dem Tourismusstadtrat mal in jene Sprachen übersetzen, die sie vielleicht verstehen. Aber da ist wohl Hopfen und Malz verloren, sprich: jenes Getränk, das die Billigsttouristen in Form von Bier in ihren Bussen beim Fahrer kaufen und dann am Parkplatz beim See in sich hineinschütten. Das nennt man übrigens Umwegrentabilität: die Einnahmen nehmen einen Umweg um Gmunden herum und landet nie und nimmer hier in der Stadt. Darum haben wir die Inwestohren, die wir haben. Und jede Stadt hat die Mächtigen, die sie verdient. Nur: wie kommen die Bürgerleins dazu? Eigentlich sind doch sie die Stadt – nicht das ÖVP-Asamer-und-andere-Familien-Konglomerat. Bürgerleins: bitte langsam aufwachen, denn nächstes Jahr im Herbst wird gewählt! Fegt sie mit dem Stimmzettel weg, diese unfähige Mischpoche! Denn: Graue Seelen baden in „Tourismusgesinnung“, bauen graue Häuser und bewirken graue Städte.

Und jetzt genehmigt sich Ihre Babsy eine Blue Lady (4 cl Gin, 2 cl Blue Curaçao, 2 Spritzer Zitrone, Tonic) zur Erholung, die ist ja sehr erfrischend. und dazu ein altes Lied vom Arik Brauer (sogar das Kitschhaus, das der einst in der Nachfolge der ebenso kitschigen Hundertwasser-Häuser gebaut hat, sogar das war noch schöner als alles, was hier in Gmunden in den letzten Jahren verbrochen worden ist – vielleicht sollte man den Deix mal hier ein Haus oder gleich ein Hotel bauen lassen!).

Babsy Blitzschnell für das Team Gmundl

2 Antworten

  1. Diskussionen über schön oder nicht schön sind völlig sinnlos. Den einen gefällt ein Gebäude, den anderen nicht. Ich persönlich finde die Seilbahnstation weder hässlich noch besonders gelungen. Sich aber dermaßen darüber aufzuregen ist meiner Meinung nach völlig übertrieben. Ein Gebäude wie ein Biokraftwerk mit einer „Lederhosenarchitektur“ zu umhüllen um das Ortsbild zu erhalten, halte ich für einen völlig verkehrten Ansatz. Da dies aber, wie oben erwähnt, eine subjektive Meinung ist, die wiederum viel mit dem persönlichen Geschmack zusammenhängt, werde ich das nicht mehr vertiefen.

    maestrodaleste

    Unsere Kritik an der Talstation der Seilbahn heisst ja nicht, dass wir für „Lederhosenrchitektur“ eintreten. Aber es gibt in diesem Land mehr als genug fähige Architekten, die in der Lage wären, ein Seilbahngebäude zu planen, das ohne „Lederhosen“ auskommt und trotzdem etwas mit der Gegend, mit den Traditionen und dem Verweis aus historische Bauformen zu tun hat. Wir haben hier zum Beispiel schon einmal ein paar Bilder über architektonisch gelungene Hotel-Projekte gebracht, die Zweckmässigkeit, Tradition und Moderne kunstvoll miteinander verbinden. Zur Erinnerung eines dieser Bilder:

    Vigilius

    Aber wenn Gestaltungswille und Hirn fehlen, dann asphaltiert man den Parkplatz und auch gleich die Kassenhalle in einem Aufwaschen. Aber scheinbar haben die Menschen in all den hässlichen Einkaufszentren (und das mit Abstand hässlichste in Österreich ist das SEP) jeden Sinn für Schönheit und Ästhetik verloren. Man hätte ein Gustostückerl in Form einer neuen Gestaltung eines solchen „Zweck“baus hinstellen können, aber nein, die Verhüttelung der Landschaft mit 08/15-Bauten aus dem Fertigteilkatalog scheint unaufhaltsam. Das neue Gebäude, das sich hochtrabend „Seebahnhof“ nennt schaut aus wie eine Bedürfnisanstalt, der man Transparenz verordnet hat (statt die Politik transparent zu gestalten). Nochmals: Graue Seelen produzieren graue Häuser. Und graue Häuser produzieren wiederum graue Seelen. Ein Teufelskreis, aus dem Gmunden endlich herausfinden sollte.
    Babsy Blitzschnell f. d. Team Gmundl

  2. Zur Archtiktur von der Seilbahn! Der Architekt soll mal ein paar Km nach Bad Füssing fahren geht auch mit dem Rad.
    In Bad Füssing hat ein privater Betreiber ein Biokraftwerk gebaut. Es werden von dem Biokraftwerk mehrer Hotels mit Fernwärme versorgt.
    Weil man in Bad Füssing hohe Zahlen bei den Nächtigungen verzeichnet und die Verantwortlichen in der Gemeinde auf Nachhaltigkeit setzen wurde für dieses Objekt der Wirtschaftlichkeit und des Fortschrittes eine besondere Architektur gewählt.
    Das äußere des Betonklotzes wurde im Stile eines alten Schloßes gestaltet.
    Für den Kamin wurde ein Turm gebaut wie bie einem alten Schloß oder einer alten Burg.
    Im Inneren des Gebäudes befindet sich die neueste Technik wie sie für so ein Projekt notwendig ist. Eben eine nostalgische Verkleidung. Eine Augenweide für alle die da vorbeikommen.
    In Bad Füssing will man ja bei der hohen Nächtigungszahlen bleiben und keine Gäste verlieren.
    Mit solchen Projekten gelingt das mit Sicherheit.
    Huge von Wald und See

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