Plumpe Propaganda und Anderes

Liebe Leserleins!

Eigentlich hat Ihre Babsy heute keinen so guten Tag gehabt. Details tun nichts zur Sache. OK, ein wenig Sorgen mache ich mir um unseren Bruno. Der erfängt sich nicht von seiner Infektion und findet es ziemlich frustrierend, in das ratlose Gesicht seines Arztes zu gucken. Er ist ein Hypochonder, ein kleiner jedenfalls. Nicht der Arzt, der Bruno! Er streitet das zwar ab, aber in stillen Momenten, wenn die Pillchen in den Döschen in seinen Hosentaschen scheppern, dann grinsen wir im Team ihn alle an. Aber jetzt finden sie kein Pillchen, das ihm schnell auf die Füsse hilft. Das macht uns allen Sorge.
Aber der Hauptgrund für mein heutiges Miesfühlen ist das nicht. Spielt auch keine Rolle, weder vorwärts noch rückwärts. Erwähne das nur deshalb, weil ich dann am Abend doch noch zu grosser Erheiterung kam. Dank den Tips und ihrem unnachahmlichen Verlautbarungs-Journalismus im Dienste der Mächtigen.

Nagut, Mächtige, was hier in Gmunden halt für mächtig gilt und sich so fühlt und sich so aufführt und so. Auf der Seite zwei zuerst noch kurz Ärger: Jenes Büro, das auftragsgemäss und bezahlterweise die Passagierzahlen der RegioTram für die nächsten tausend Jahre, ach nein, nur für Jahrzehnte, streng wissenschaftlich mit Glaskugel und DaumenMalPi errechnet hat, erklärt uns ein weiteres Mal eine Seite lang teffsicher in einem total kritischen Interview der Tips, kritische Fragen in Interviews müssen die auf der Journalistenschule geschwänzt haben, die erklären uns also treffsicher, wie treffsicher ihre Analyse war und ist.
Einschub: ob die auf einer Journalistenschule waren, weiss ich natürlich nicht. Vielleicht ist das Interview auch nur eine nicht als solche ausgewiesene bezahlte Anzeige. Oder einfach nur ein, mir fällt jetzt das Fremdwort nicht ein, ein Ranschmeissen an die Mächtigen. Jetzt fällts mir ein: affirmativer Journalismus, so nennt man „Ranschmeissen“ auf gescheit, in den Publizistikseminaren. Einschub Ende.
Aber das Ende des Interviews war schon recht lustig, und mein Ärger verflüchtigte sich schnellen Schrittes. Da sagt ein Herr Pichler von der beauftragten Verkehrsfirma doch glatt, er wisse, dass ein Grossteil der Kurse (also der Bim-Fahrten) unter zehn Fahrgästen aufweist. Aber die Zukunft, die Zukunft, die wird es bringen. Eine Verdoppelung auf 20. Wow! Beim nächsten Mal sollten die Auftraggeber solche Aufträge am besten gleich meistbietend versteigern: Wer bietet 30, 50, 100 oder noch mehr Fahrgäste pro Fahrt? Den Zuschlag bekommt, wer die höchste Prognose bietet. Wunderbar! So geht Stadtplanung! Da staunt sogar das Kleinkind vor seinem Lego-Baukasten.
Wozu man bei der gigantisch explodierenden Fahrgastzahl dann einen endlosen Tatzelwurm braucht, in den man zig Leute reinstopfen kann, versteht wahrscheinlich nicht einmal mein ehemaliger Matheprofessor, und der konnte, im Gegensatz zu mir armer Schülerin, sogar Integralrechnen. Ich muss ihn glatt mal anrufen und befragen. Vielleicht lasse ich es aber auch lieber bleiben, will den armen Mann nicht in Verzweiflung stürzen, weil er das mathematische Rätsel der wunderbaren Fahrgastvermehrung nicht lösen kann.

Doch wirklich ins Lachen kam ich erst auf der zweiten Seite, auf der die Tips ihre dem objektiven Journalismus verpflichtete Werbekampagne weiterführten. Auf der Seite 11, um genau zu sein. Dort ist ein Bericht über die neue (wir haben berichtet) überdrübertotalobjektive Auskunftsstelle zur RegioTram, ja, am FJ-Platz in der Nostalgie-Tram, die total supertuperblubber der RegioTram ähnelt. Also zumindest irgend wie entfernt ähnelt, gell. Wir wollen das nicht so eng sehen, gell.
Aber, und das hat mir einen vergnüglichen Abend beschert, die berichten auch von jener Stern & Hafferl-Angestellten, die dort als Auskunftsperson werken muss. Diese Dame teilt uns mit, dass sie den Umgang mit grimmigen Mitmenschen aus der Kirchenbeitragsstelle kennt, wo sie mal gearbeitet hat. Tatsächlich, um die dem ungläubigen Volk die zukünftigen RegioTram-Fahrgastzahlen zu verkünden, da braucht es wirklich Gottvertrauen. Plus den Heiligen Geist. Plus ein paar Schutzengerln.
Auf jeden Fall hat das weite Herz Ihrer Babsy sich noch weiter geöffnet, ein schallendes Lachen, hoffentlich habe ich die Nachbarschaft nicht gestört, entrang sich meinem Brustkorb und der miese Tag war doch noch gerettet. Ein aufgelegter Elfer für eine kleine Bosheit von Ihrer Babsy. Weil ich habe mir dann gedacht: Die gute Frau hat eine Ahnung. Bei der Kirchenbeitragsstelle können die Leute am Ende noch immer ihren Unmut ziemlich harsch und drastisch äussern: „Gut, wenn es so ist, dann soll die Kirche mich, hm, kreuzweise, klingt blöd, also liebhaben mitsamt dem Herrn Pfarrer, und ich trete aus. Basta.“
Aber ehrlich: Wenn ein sich über die RegioTram erregender Mensch feststellt, dass seine ganze Fragerei vergeblich – keinesfalls aber umsonst – ist, dann voller Wut ein letztes Machtwort schmettern will, was tut dieser Mensch dann? Aus der Kirche kann man austreten, aber aus dem Finanzamt? Aus dem Einkommenssteuerrecht? Aus der Lohnsteuer? Beim Billa keine Umsatzsteuer mehr zahlen? Bei der Tankstelle die Minerlölsteuer abziehen? Nur noch halbes Mautpickerl kaufen?
Ich bin echt gespannt, was die Leute der Dame von der Kirchenbeitragsstelle im Bim-Stuhl nach der Beichte wohl so entgegenschleudern werden. Der Gedanke an das, was die Leute da so von sich geben werden, nämlich die, welche die Bim nicht wollen, erheitert Ihre Babsy ungemein! Da brauch ich abends nicht einmal einen Einschlaftrunk. Da schlafe ich auch so ganz gemütlich ein, während ein entspanntes Lächeln meinen Mund umspielt. Danke liebe Tips, ihr habt mir den Tag mitsamt der folgenden Nacht gerettet. Ist doch auch was, wenn man es wie bei den Tips schon nicht bis zum Journalismus geschafft hat, sondern nur zum Füllen der Leerstellen zwischen den Inseraten.

Babsy Blitzschnell f. d. Team Gmundl

Ja, und Anfang Oktober ist die nächste Gemeinderatssitzung. Der unermüdliche Gemeinderat Kammerhofer, gerade erst hat er Gmundens Politiker mit seinem Fragebogen aus dem Sommerschlaf gejagt (Schon ausgefüllt? Tss…tss…tss! Sofort nachholen!), schon macht er sich daran, auch dem Gemeinderat ein wenig Abstimmarbeit zu bescheren. Er hat uns einen Antrag für den nächsten GR zukommen lassen, den wir hier abdrucken. Mitsamt Kammerhofers Erklärung dazu. Hat viel mit der RegioTram zu tun. Wir sind auch für diesen Antrag. Immerhin könnte man damit zumindest die schlimmste Verschandelung der Stadt verhindern.


GR Kammerhofer verlangt Gestaltungswettbewerb

Kammerhofer:„Der gerade entstehende Jahrhundertbau, immerhin 700 Meter lang
im historischen Zentrum Gmundens, verlangt nach einen Wettbewerb bei seiner Gestaltung.“

Ohne Ausschreibung und ohne Beschlussfassung durch den Gemeinderat wurde der Gestaltungsauftrag dieses Millionen Projektes an einen einzigen Architekten vergeben. Auch wenn man diesen Auftrag zur gestalterischen Koordination dieses Riesenprojektes einmal zur Kenntnis nimmt, meint Gemeinderat Kammerhofer:

„Nicht zur Kenntnis nehme ich aber, dass es offensichtlich nur Vorschläge eines einzigen Büros, wie z.B. am Klosterplatz, gibt. Da es sich aber um Projekte mit Auswirkung auf das nächste Jahrhundert handelt, brauchen wir Mandatare und die Bevölkerung die Möglichkeit, für jeden Bauabschnitt verschiedene Gestaltungsvorschläge diskutieren, bewerten und auswählen zu können. Der Wetterschutz auf der Brücke erfordert nach meiner Ansicht besonders einen Gestaltungswettbewerb“.

Ergänzend meint GR Kammerhofer: „Im übrigen bezweifle ich in diesem Fall gerade die Sinnhaftigkeit des Wetterschutzes auf der neuen Brücke, da ich selbst bei jeden Wetter (auch im stürmischen Herbst und Winter) fast täglich über die Brücke, entlang des Sees mit dem Rad fahre. Wenn mir die Lebendigkeit des Windes auf der Brücke als Kleinkind schon im Kinderwagen gefallen hat, und erst recht jetzt als eher unsportliche 70 Jähriger, frage ich mich schon, wer braucht den Wetterschutz denn wirklich? Für mich ist das nur eine Frage der Kleidung und nicht das eines möglicherweise misslungenen großen Augenweide –  die zudem auch noch auf die Statik der Brücke nicht unbeträchtlichen Einfluss hätte.“

GR Kammerhofer wird daher am 2.Oktober im Gmundner Gemeinderat den Antrag stellen, einen Beschluss darüber zu fassen, dass der Gemeinderat einen Gestaltungswettbewerb für die weiteren Bauabschnitte dieses Jahrhundertprojektes beschließen möge (Siehe Anhang).

Mit freundlichen Grüßen

Karl Kammerhofer (unabhängiger Gemeinderat in Gmunden)

Antrag zur Sitzung des Gemeinderates

Beschluss eines Gestaltungswettbewerbes für die weiteren Bauabschnitte der Stadt-Regio-Tram bei Gesamt-Errichtungskosten von rund 30 Mio Euro

Mir ist nicht bekannt, in welchem politischen Gremium, der Auftrag an Architekt DI Roman Kaindl zur Gestaltung des Straßenraumes im Zuge der Durchbindung der Stadt-Regio-Tram ergangen ist.
Ich nehme aber grundsätzlich diesen Auftrag zur Kenntnis.

Nicht zur Kenntnis nehme ich aber, dass es offensichtlich nur Vorschläge  eines Architekten, wie z.B. am Klosterplatz, gibt.
Da es sich aber um Projekte mit Auswirkung auf das nächste Jahrhundert handelt, brauchen wir Mandatare und die Bevölkerung die Möglichkeit, für jeden Bauabschnitt verschiedene Gestaltungsvorschläge diskutieren, bewerten und auswählen zu können.
Insbesondere der Wetterschutz auf der Brücke erfordert nach meiner Ansicht einen Gestaltungswettbewerb.

Ich ersuche daher um den Beschluss, der Gemeinderat möge einen Gestaltungswettbewerb für die weiteren Bauabschnitte beschließen.

Karl Kammerhofer
Gemeinderat


6 Antworten

  1. Da hat man so seine eigene Beobachtung: Man fährt bei der Straßenbahn vorbei, niemand drinnen; man fährt wieder vorbei, einer drinnen; man fährt nochmals vorbei, sechs drinnen – hurra ist ja doch was dran, was die Potentialanalyse herausgefunden hat und was Herr Pichler von der Planungsfirma echt bestätigt hat! Beruhigung, wir werden durch „Tips“ wirklich gut informiert. Man fährt wieder vorbei, keiner drinnen. Verzweiflung! Augenarzt, Wagner Jauregg, was soll ich tun – ich muss krank sein, meine Sinne erfassen einfach zu wenige Passagiere! Landesrat Ing. Entholzer spricht mittlerweile von einer Million Fahrgästen – puhh, ich hab’s: Vielleicht in 5 Jahren zusammengezählt?

    Da haben mir doch ein paar Beobachter, die mühsam jeden Passagier gezählt haben – mühsam nicht, weil man so weit zählen muss, sondern weil es von der Morgendämmerung bis zur Abendsonne einfach lange dauert – gesteckt was sie gesehen haben: 275 Leute am Tag mit der Straßenbahn und 380 am Tag mit dem Vorchdorfer Zug. Es war ein Schultag – und bei Schülern ist der Zug so beliebt wie Conchita Wurst: 250 Schüler, die in Traundorf ein- oder aussteigen!

    So dann rechnen wir mal, normales ein mal eins, leider nicht nach „internationalen Standards“, wie es zu den Berechnungen in der Potentialanalyse heisst. Also ein bißchen was dazu addieren, es steigen ja auf der Strecke ab und zu auch noch ein paar Leute ein und aus. Wobei, lassen wir die doch lieber weg, weil diese fahren ja nicht extra durch die Stadt, wenn sie vom Rosenkranz zum Bahnhof wollen. Ja und gottseidank fahren Straßenbahn und Zug auch in den Ferien und am SamSon; das geht dann eher als Subtraktion in die Berechnung ein. Naja, da kommen immerhin pro Jahr insgesamt zweihunderttausend zusammen! Ich mach mich auf den Weg um Grundstücke in Kirchham zu kaufen: Da wird ja Gmunden eine Trabantenstadt von Kirchham und wir werden noch alle froh sein, mit dem Zug dort hinfahren zu dürfen. Eine Million Fahrgäste – potzblitz, da muss man dabei sein!

    Ja, die von uns schon im Vorjahr beschrieben Köpplsche Spezialmathematik hat hier wohl eine praktische Anwendung gefunden. Wir addieren also Vorchdorf-Fahrer zu den Gmundner-Bim-Faherern. Das ergibt 655 Fahrgäste. Wegen der in Oberösterreich (SPÖ!) so beliebten Frauenquote wird das um umd die Frauenquote laut SP-Statut erhöht. Also 40 % dazu. Sind wir schon auf 917 Personen. Die fahren jetzt methodisch streng international betrachtet natürlich zweimal, nämlich hin und zurück, ergibt also das Doppelte, ist gleich 1,834 Leuterln. Pro Tag. Bei durchschnittlich 4,33 Wochen je Monat, die Woche zu 5 Tagen (=Fahrgäste * 4,33 Wochen * 12 Monate *5 Tage), dann kommen wir schon mal auf 476.473,2 Fahrgäste im Jahr. 0,2 Fahrgäste versterben bei der Fahrt. Bleiben genau 476.473 über. Am Wochenende fahren nur 25 % der normale Arbeitstagsanzahl. Also 459. Wiederum mal nach obiger Formel, aber nur mit zwei Tagen (Sa/So) gerechnet ergibt das zusätzliche 47.700 Leute. In Summe also 524.173 Fahrgäste im Jahr. So einfach ist angewandte Mathematik. Ein Fall für die Zentralmatura sozusagen. Und jetzt multiplizieren wir das mit π/2 (Internationale DaumenPiHalbe-Regel) und ziehen die Lichtgeschwindigkeit ab (ca. 300.000 km/s) und kommen sodann auf 522.952 zusätzliche Passagiere. Ergibt in Summe die wunderbare Zahl von 1.047.125 Fahrgästen pro Jahr ab dem Jahr … also, ja, ab welchem Jahr eigentlich?
    Babsy Blitzschnell f. d. Team Gmundl

  2. PS. Ich hab da noch ein Fremdwort, was man in Gmunden auch nicht kennt, das nennt sich „öffentliche Ausschreibungen“. Gell, liebe Politiker, jetzt sucht ihr panisch nach den Tabletten …..

    • Aber Andy: Wenn der Bürgermeister seine beiden Architektenfreunde fragen tun tut – das ist doch öffentlich oder ?

      • Wenn er in einer Kneipe fragen tun tut, dann tut das öffentlich sein tun, tut er im Ratloshausbüro oder am Telefon fragen tun, dann tut das nicht mehr öffentlich sein tun.

  3. jaja, die gute Tips …. ich hatte schon Schwierigkeiten sie durch die Haustüre zu bekommen. Die Pinocchio Nase, die da heraus schaute, war einfach viel zu lang …..

    Ich habe auch endlich den Fragebogen von Herrn Kammerhofer erhalten. Zuerst dachte ich, da ist ja auch eine Pinocchio Nase drin, wenn auch nur eine ganz ganz kleine …. aber es war nur ein Bleistift …. keine Nase ….

    Genesungsgrüße an den kranken Bruno. Ich kenne das ja auch, mit dem Hypo … Hüpodingsda, ich bekomme ja schon Sümtome … baaah immer diese Fremdworte … wenn ich was in der Zeitung lese oder im TV sehe.

    Ok, bei manchen „ortsansässigen“ Zeitungen bekomme ich eh nur Brechreiz, aber ansonsten …. ohjeee … von Scheinschwangerschaft bis Verfolgungswahn. alles drin. Neuerdings verfolgt mich, in meine Alpträumen, eine riesige Straßenbahn durch die Innenstadt von Gmunden. hahahahaha zum Glück gibt es so was nur in Träumen …

    *schluck* oder vielleicht doch nicht? *panisch nach Tabletten suche*

  4. Für Interessierte der Link zur Zusammenfassung der Studie Schnizek+Partner 2010, welche scheinbar ausschlaggebend für die Stadtregiotram war.

    Klicke, um auf Potenzialanalyse_Hauptergebnisse.pdf zuzugreifen

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