Heute:
Gastkommentar von Michael Amon über Grexit und so
Liebe Leserleins!
Babsy hält sich heute kurz, weil der Gastkommentar ist dafür umso länger, gell! Aber interessanter Lesestoff fürs Wochenende. Hochaktuell. Exklusiv für uns. Wir danken wie immer und hoffen, dass unsere Leserleins es zu schätzen wissen, wie wir manchmal Gedanken über Gmunden hinaus denken lassen. Für uns hier niederschreiben lassen.
Wir alle sind Griechen, liebe Leserleins, das sollten wir nicht vergessen. Gerade haben die Kärntner vom Herrn Schelling, das ist der mit der vergurkten Steuerreform, auch so eine Abreibung verpasst bekommen wie die Griechen. Die Griechen haben nur das Glück, eine Regierung zu haben, die sich wehrt. Die Kärntner haben nur den Kaiser und die „Schuld“, ziemlich lang den Haider gewählt zu haben. Wir können sie nicht absaufen lassen. Sowenig wie die Griechen.
Das griechische Freilufttheater mit viel zu vielen Regisseuren geht weiter. Mit 28 europäischen Regierungschefs, noch einmal so vielen europäischen Finanzministern, und über allem droht/thront die Merkel. Was will man mehr vom Leben! Ich schütt mich gemeinsam mit ein paar Kumpels und Kumpelinen heute abend mit ein paar Flaschen Mavrodaphne zu. Da werden am Montag in der Früh die Aspirin nur so hupfen. Ich weiss, ich bin ein schlechtes Beispiel. Aber andererseits: wäre ich lammfromm, würde ich dann Sie, liebe Leserleins, regelmässig mit meiner Schreiberei hier im Blog erfreuen? Na eben!
Babsy Blitzschnell f. d. Team Gmundl
Grexit – na und?
Ein Gastkommentar von Michael Amon
Man stelle sich vor: ein Auto rast über die Böschung, landet im reißenden Fluß, die Insassen drohen zu ertrinken. Der Wagen könnte, wenn er abgetrieben wird, ein Wehr verstopfen, was wiederum zu Überschwemmung und großen Schäden bei an Anrainern führen würde.
Am Ufer stehen die Menschen und beobachten das Geschehen. Ein Schrotthändler bietet ein paar Hundert Euro für das Wrack. Die Zuschauer sparen nicht mit Kommentaren und guten Ratschlägen. Die Insassen des Autos mögen die etwas ramponierten Türen reparieren; den Tank auspumpen und das Benzin an die Zuschauer verkaufen. Man würde gerne Rettungsringe ins Wasser werfen, aber vorher bitte die offenen Raten fürs Auto zahlen. Außerdem wären da auch die Rettungsringe zu berappen, nicht billig, wegen der plötzlichen Nachfrage. Kaum haben die Insassen sich aus dem Auto befreit und drohen nun erst recht abzusaufen, ertönen wiederum Zurufe: kräftige Tempi machen, die Luft anhalten, kein Wasser schlucken. Als die gegen die Elemente ankämpfenden Menschen vor Erschöpfung kaum noch schwimmen können und zu ertrinken drohen, verspricht man ihnen Hilfe – aber nur für den Fall, daß es ihnen gelingt, noch mindestens zweihundert Tempi zu machen. Und natürlich die offenen Raten …. etc. Gleichzeitig haben sich am Ufer Gruppen gebildet, die darüber diskutieren, ob man überhaupt helfen solle. Könnte ja sein, daß die Leute selbst schuld sind an ihrem Unglück: zu schnell gefahren, betrunken, abgefahrene Reifen. Wie komme man dazu, wegen solchem Leichtsinn das eigene Leben zu riskieren, erklärt die Feuerwehr und verlangt, daß die im Wasserstrudel abdriftenden Menschen gefälligst mehr Anstrengungen unternehmen sollen, ans rettende Ufer zu gelangen. Gleichzeitig wird ein paar hundert Meter oberhalb der Unfallsstelle ein Wehr geöffnet, damit noch mehr Wasser mit noch größerer Kraft in Richtung der Ertrinkenden schießt, während alle Umstehenden beteuern, man wolle natürlich die armen Leute retten, aber vorher müßten sie halt schon ordentlich Buße tun, mit weniger Atemluft auskommen und garantieren, in Zukunft keine Reifenplatzer mehr zu haben und auf Handtücher zum Abtrocknen verzichten.
Ein Szenario, das unvorstellbar ist, würde es sich tatsächlich irgendwo in den Alpen ereignen. Und doch: es ist genau jenes Szenario, mit dem wir derzeit rund um die Griechenland-Krise konfrontiert sind.
Schon lange nicht war Politik so verlogen wie in den letzten Jahren: Finanzkrise, Eurokrise, Griechenlandkrise und Flüchtlingsfragen – die Bürger werden belogen, was das Zeug hält. Teils mit Absicht, teils aus ideologischer Verblendung. Es geht um politische Machterhaltung, um die Interessen von Großkonzernen und nur sehr selten um Glück und Wohl der Menschen. Die Griechenland-Krise ist ein Musterbeispiel für systemisches Versagen: Politik und Medien in unheiliger Allianz, beide mit dem Weitblick von Blindschleichen ausgestattet, beweisen, daß es möglich ist, unter zwei schlechten Möglichkeiten immer noch eine nochmals schlechtere dritte zu finden und sich genau für diese zu entscheiden. In vielen Bereichen fehlt es in der Bevölkerung an Wissen über die Vorgänge rund um und in Griechenland. Die Medien kommen ihrer Informationspflicht nur zögerlich und extrem tendenziös nach. Versuchen wir also, ein wenig Licht ins Dunkel zu bekommen.
Beginnen wir mit dem Schrecksgespenst »Grexit«, also dem Rauswurf oder Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Ein Bluff, sonst nichts. Aus einem sehr einfachen Grund: die entsprechenden Verträge zur Euro-Zone sehen keinen Austritt vor und keinen Rauswurf. Es gibt kein Szenario, das die Eurogruppe berechtigen würde, den Griechen den Euro wegzunehmen. Ebensowenig können streng rechtlich betrachtet die Griechen die Eurozone verlassen. Die ist auf Ewigkeit konzipiert. Wie viele EU-Verträge strotzen auch die Euro-Bestimmungen nur so von Widersprüchlichkeiten, Unstimmigkeiten und konzeptionellen Fehlern. Das fehlende Austritts-/Rauswurfszenario ist da nicht einmal noch das größte Problem. Wirft also die Euro-Gruppe Griechenland raus, wäre das rechtswidirg und zöge unter Umständen langjährige Prozesse nach sich. Umgekehrt könnte die Eurogruppe einen freiwilligen Austritt Griechenlands weder erzwingen noch erkämpfen. Im Fall der Pleite geschieht also zuerst gar nichts, weil die Verträge dafür nichts vorsehen. Griechenland behält den Euro, die EZB muß mit entsprechenden Notkrediten für die Liquidität sorgen. Sie könnte Devisenverkehrskontrollen verordnen, die Geldmenge so knapp halten, daß das Land erst recht keine Luft bekommt und könnte – aber das ist schon jenseits der Vertragsbestimmungen – kontrollieren, für welche Zahlungen sie Geld hergibt. Das ginge wohl nicht lange gut. Und wer will die griechische Nationalbank daran hindern, im Auftrag der Regierung selbst Euro zu drucken? Ein Szenario, das noch viel zu wenig beachtet wurde (ist natürlich eine extreme Variante, aber nicht völlig aus der Welt).
Die Debatte, ob die Griechen selbst schuld sind, ist müßig. Niemand, am wenigsten die jetzige Regierung, bestreitet, daß in Griechenland praktisch alles falsch gelaufen ist, was falsch laufen kann. Aber das ist nur zum Teil die Schuld der Griechen. Die gefälschten Zahlen, mit denen der Eintritt in die Eurozone ermöglicht wurden, waren als falsch bekannt. Mehr noch: wurden von der EU so angefordert, weil man Griechenland in der EU haben wollte. Aus einem sehr einfachen Grund: nicht aus ökonomischen, sondern aus militärischen Gründen. Griechenland ist ein wichtiger NATO-Partner und hat entsprechende militärische Verpflichtungen. Die EU sollte für die ökonomische Stabilisierung sorgen (also die vertraglich ausgeschlossene Transferunion realisieren). Die NATO-Mitgliedschaft zieht unvermeidlich das hohe Militärbudget nach sich. Es ist eine Heuchelei, von den Griechen die Kürzung ihrer Militärausgaben zu verlangen und gleichzeitig im Rahmen der NATO auf der Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen zu bestehen. Die Hauptnutznießer der Militärausgaben sind Frankreich und vor allem jenes Deutschland, das sonst heftig auf Sparmaßnahmen besteht – solange sie nicht darin bestehen, Aufträge an die deutsche Rüstungsindustrie zu stornieren. Nicht zufällig üben die Amerikaner im Hintergrund kräftigen Druck auf die EU aus, die Griechen nicht fallen zu lassen. Angesichts der türkischen Regierung von Erdogan mit ihrer schwer islamistischen Schlagseite hat man Angst, die Südost-Flanke der NATO könnte zusammenbrechen.
Man spricht immer von den vielen Milliarden, die nach Griechenland geflossen seien. Eine glatte Lüge. Von ungefähr 230 Milliarden sind nur 74 Milliarden in Griechenland gelandet. Davon wiederum wurden 13 Milliarden für Rückzahlungen an den IWF verwendet. Weiters flossen rund 11 Milliarden an den »Rettungsschirm« zurück. Bei der Bevölkerung (Sozialhilfe, Renten, Schulen etc.) sind nur sieben Milliarden angekommen. Der Großteil der »Griechenland«hilfen waren Bankenhilfen und dienten der Rettung vorwiegend deutscher und französischer Banken. Die privaten Risken wurden auf die öffentliche Hand, also auf die Steuerzahler, übertragen, indem die Euro-Mitglieder die Ausfallhaftungen übernahmen (Österreich etwas unter 5 Milliarden). Über 100 Milliarden flossen an börsennotierte Banken in Privatbesitz, sprich: im Besitz großer Fonds meist amerikanischer Herkunft. Gleichzeitig erfolgte ein teilweiser Schuldenschnitt bei den Gläubigern. In absoluten Beträgen ist die griechische Staatsschuld dadurch zwar gesunken, aber dank der verrückten Sparmaßnahmen, brach das Bruttonationalprodukt um 25 % ein. Der Anteil der Staatsschulden am BNP ist heute deutlich höher als vor Beginn der »Sanierungs«maßnahmen – nicht, weil die Griechen das Geld sinnlos vergeudet hätten, sondern weil die Wirtschaft dank falscher Sparpolitik zusammengebrochen ist.
Ich kenne keinen namhaften Ökonomen, der die Ansicht vertritt, Griechenland könnte seine Schulden jemals zurückzahlen. Man kann einen Nackerten noch so viel und noch so lang würgen, man wird ihm kein Geld aus dem Börsel nehmen können. Wenn die nun zusätzlich geforderten Sparmaßnahmen umgesetzt würden, käme es zu einem weiteren Einbruch der Wirtschaft und zu einem rasanten Voranschreiten des Massenelends. Schon jetzt sind 40 % der Griechen nicht mehr sozialversichert. Zigtausende Kinder leiden Hunger. Gäbe es nicht die Staatspensionisten, die mit ihren Renten auch ihre Kinder und Enkelkinder mühsam aber doch über die Runden bringen, wäre die Katastrophe perfekt. Unter diesem Aspekt ist die Idee, diese Pensionen zu kürzen, absurd. Wenn die Produktion von Massenelend Teil der europäischen Idee ist, dann sollte man sich von ihr möglichst schnell verabschieden. Das schreibe ich als einer, der von der Notwendigkeit eines gemeinsamen Europas mehr denn je überzeugt ist. Es muß nur deutlich anders aussehen als das, was uns derzeit als europäisches Projekt verkauft wird.
Aber zurück zu Griechenland. Es stimmt auch, daß es ein großes Problem bei der Eintreibung von Steuern gibt. Die Reeder waren traditionell von Gewinnsteuern befreit. Damit hielt man sie im Land und profitierte von den Firmenzentralen und den dortigen Arbeitsplätzen. Kein besonders sinnvolles Vorgehen, aber Teil des korrupten Systems, in dem konservative Christdemokraten und Sozialdemokraten abwechselnd das Sagen hatten und jeweils ihre Kernklientel (und sich selbst) bedienten. Unter diesem Aspekt ist die links«radikale« Syriza eine Chance: sie ist nicht in dieses System eingewoben und kann ohne Rücksicht auf diese Seilschaften agieren. Dem stehen aber die Interessen der europäischen Roten und Schwarzen entgegen: sie wollen keine Partei am Ruder sehen, die den neoliberalen Konsens der rot-schwarzen EU-Koalition in Frage stellt, die Sinnhaftigkeit vieler europäischer Verträge anzweifelt und die EU zu einer neuen Politik bewegen will.
Die Angst sowohl der Roten als auch der Schwarzen, von linken (Spanien, Portugal) oder rechten (Frankreich, Nordländer) Bewegungen hinweggefegt zu werden, ist groß. Man glaubt, mit Härte gegen die Griechen, die Wählerschaft davon abhalten zu können, anderen Kräften die Stimme zu geben. Eine Fehlkalkulation, wie auch die letzten Wahlen sowohl in Spanien als auch in Frankreich gezeigt haben. Die Aussage von Juncker (»Wegen einer Wahl ändern wir nicht unsere Politik«) war da mehr als nur entlarvend. Sie entspricht der undemokratischen Verfaßtheit der europäischen Institutionen. Mit der Demokratie hat man es in Europa ohnehin nicht mehr so besonders. Man denke an Frau Merkels »marktkonforme Demokratie«. Die große Verwunderung und Überraschung, daß die Griechen jetzt ein Referendum über die Forderung der »Institution« (auch so ein kafkaesker Begriff) abhalten wollen, ist reine Heuchelei. Seit gut drei Monaten haben die griechischen Verhandler darauf hingewiesen, daß sie ein Forderungspaket, das nicht ihren Wahlversprechen entspricht, für die sie gewählt wurden, der Bevölkerung zur Abstimmung vorlegen müßten, weil ihnen sonst die demokratische Legitimation fehlen würde.
Wer dieses kleine Einmaleins der Demokratie nicht versteht, sollte seine politischen Funktionen zurücklegen. Jetzt allseits Überraschung zu mimen, ist ein ziemlich starkes Stück. Schäuble erklärte gestern nach dem Scheitern der Verhandlungen, er verstehe nicht, was mit der Volksabstimmung gemeint sei. Na, was wohl? Befragung des Volkes, eine Idee, die Herrn Schäuble offensichtlich extrem abwegig erscheint. Wer all die Auftritte Schäubles gesehen hat, mußte den Eindruck gewinnen: dieser Mann agiert nicht mehr rational, sondern geradezu hassgetrieben. Ob es daran liegt, daß Herr Schäuble fachlich einem Varoufakis nicht das Wasser reichen kann? Der griechische Finanzminister ist einer der besten Ökonomen weltweit, hat mit vielen Nobelpreisträgern gearbeitet und hat halt einen Fehler: er ist nicht auf den neoliberalen Mainstream eingeschworen. Daß sich die Europapolitiker darüber beschweren, von Varoufakis mit theoretischen Vorträgen belästigt zu werden, sagt alles. Wann, wenn nicht in einer solch kritischen Situation, sollte man über die ökonomischen Theorien diskutieren, die den Entscheidungen zugrunde gelegt werden. Insbesondere, wenn sich das ökonomische Wissen der herrschenden Europapolitik auf die doch eher bescheidenen Erkenntnisse der »schwäbischen Hausfrau« beschränkt.
Wir waren bei der mangelnden Eintreibung von Steuern. Wie wahr! Nur ist die Idee, innerhalb weniger Monate ein funktionierendes Steuereinhebungssystem aufzubauen, grotesk. Dazu muß man zuerst den Beamtenapparat völlig neu aufstellen, von alten Seilschaften »säubern«, neue Strukturen einführen. Und das über das gesamte Land. Jeder, der sich ein wenig auskennt, weiß, daß so ein Vorgang nicht unter zehn Jahren zu bewältigen ist. Wer es nicht glaubt: die österreichische Sozialversicherung hat mehr als fünf Jahre gebraucht, um die vergleichsweise simple SV-Card einzuführen. Wie in vielen Ländern, die nicht von der K. u. K.-Monarchie und deren Verwaltung erreicht worden sind, gibt es in Griechenland traditionell weder ein Grundbuch noch eine brauchbare Staatsadministration, und es fehlt ein funktionierendes Steuereinhebungssystem. (Wer sich einmal das »Vergnügen« leistete, beim Griechenlandurlaub Sightseeing in einem griechischen Finanzamt zu machen, der weiß, wovon ich spreche. Kann ich nur zur Nachahmung empfehlen!) Ohne Grundbuch ist auch die von der EU geforderte Vermögenssteuereinhebung de facto unmöglich. Die Einführung eines funktionierenden Grundbuches mit zuverlässigen Einträgen ist eine Aufgabe für viele Jahrzehnte. Immerhin müssen da Besitzverhältnisse über ein gutes Jahrhundert (oder noch weiter!) zurückverfolgt und rekonstruiert werden, um zu einer stimmigen Darstellung der Besitzverhältnisse zu kommen. Allein daraus drohen unabsehbar lange Gerichtsverfahren zur Klärung von Streitfragen.
Die Forderung der EU, die Griechen mögen innerhalb eines Jahres ihr Steuersystem ertragreich machen, ist reine Utopie. Man muß sich darüber im klaren sein: es dauert mindestens zehn bis fünfzehn Jahre, bis in Griechenland ein halbwegs funktionierender Staat aufgebaut ist. Bis dahin hängt das Land an der europäischen Nabelschnur, egal welche Regierung gerade amtiert.
In dem Moment, da man beschloß, eine Währungsunion einzurichten, mußte jedem klar sein: aus der abstrakten Schicksalsgemeinschaft Europa wurde eine konkrete. Eine Währungsunion ohne Transferunion, ohne Finanzunion, ohne Sozialunion funktioniert nicht. Wir sind durch die gemeinsame Währung auf Gedeih und Verderben aufeinander angewiesen und voneinander abhängig. Wir müssen schwache Länder langsam aufpäppeln und durchfüttern. So wie wir das auch innerhalb Österreichs immer gemacht haben. Der schwerwiegende politische Fehler war, eine Währungsunion unter ungleichen Ländern zu erzwingen. Auch die Osterweiterung ist unter diesem Aspekt zu sehen. Sie kam zu früh. Die Währungsunion hätte sich von Anfang an nur auf die Mitteleuropäischen Länder beschränken dürfen. Selbst die Mitgliedschaft Italiens ist problematisch. In Spanien hat die Einführung des Euros zu einer Scheinblüte geführt: man kam leicht an billige Kredite heran und hat damit eine völlig verrückte Immoblase gezüchtet. Ergebnis: tausende leer stehende Wohnanlagen (oft nicht einmal mehr fertig gestellt), parallel zueinander verlaufende Autobahnen ins Nichts und ein unüberschaubares Arbeitslosenheer.
Soll man tatsächlich jenen Politikern, die diese Katastrophe verursacht haben, jetzt glauben, sie hätten die richtige Lösung für Griechenland? Man darf das mit gutem Grund bezweifeln.
Mag sein, daß Griechenland in den nächsten Tagen Pleite geht; mag sein, daß die Griechen für die europäischen Sparpakete stimmen (oder auch nicht) – ein Grexit ist ziemlich unwahrscheinlich, weil rechtlich nicht erzwingbar. Wie die europäischen Politiker seit Monaten beteuern: es geht »nur« um 1,5 % der europäischen Wirtschaftsleistung. Nebenbemerkung: ein Beweis mehr dafür, daß die ganze TTIP-Sache völlig überflüssig ist und nur den großen Konzernen einen riesigen, rechtsfreien Raum bescheren soll. Denn TTIP bringt einen behaupteten einmaligen (!) Wachstumsschub von gerade mal 0,5 % der europäischen Wirtschaftsleistung. Wenn man Optimist ist, denn eine solche Zahl liegt noch unterhalb der Schätzgenauigkeit solcher Zahlen.
Bringen wir es auf einen kurzen Nenner: das europäische Projekt war von Anfang an fehlkonzipiert. Man hat den Leuten enorme Wohlstandzuwächse versprochen und den kleinen Ederer-Tausender. Nichts davon hat sich bewahrheitet. Die Menschen haben das Gegenteil erleben müssen: Arbeitslosenzahlen wie in der großen Krise der 1930er-Jahre (wenn auch auf insgesamt höherem ökonomischen Niveau), enormes Auseinanderdriften der Einkommens- und Vermögensverteilung. Dazu ein sich abzeichnendes Scheitern des »Friedensprojekts«: nachdem Europa schon in der Jugoslawienkrise versagt hat, läßt es sich nun auch noch von den Amerikanern mittels NATO im Konflikt mit Rußland instrumentalisieren. Das angeblich neutrale Österreich spielt dabei brav mit, denn, was immer man uns erzählt, mit dem EU-Beitritt war die Neutralität abgeschafft. Wir sind in etwa so neutral, wie ein katholischer Priester zölibatär lebt, der mit seiner Haushälterin heimlich ein Kind hat.
Wie immer die Griechenlandsache ausgehen wird, angesichts der vielen nicht gelösten europäischen Probleme, zuletzt etwa die Flüchtlingsfrage, ist die EU auf gutem Weg, die nächste Wand frontal zu erwischen. Die Lenker des europäischen Wagens diskutieren während dieser Geisterfahrt darüber, ob man Bremse und Lenkrad verwenden soll und entscheiden sich, die Steuerung dem Navi zu überlassen. Sie übersehen nur, daß man vergessen hat, solch nützliche Dinge überhaupt in die europäische Kraxn einzubauen, weil man das für überflüssig gehalten hat. Die politischen Absichtserklärungen und der freie Markt würden es schon regeln. Ja, mit Hilfe der nächsten Betonwand! Auf Wiedersehen Europa!
Um nicht ganz pessimistisch zu enden: es kann alles auch ganz anders kommen. Denn die Menschen sind einfallsreich. Mitunter gelingt es ihnen sogar, die Politik zu übertölpeln. Der Mensch kann nämlich denken. Er muß sich nur trauen.
Zum Abschluß noch ein Satz zum Nachdenken. Er stammt vom russischen Dichter Makarenko: »Warum sprechen wir sowenig von dem, was das eigentliche Ziel all unserer Kämpfe, all der Revolutionen und Umwälzungen ist: das menschliche Glück.«
Mehr von und über Michael Amon auf seiner Web-Seite:
Auch heute grosse Freude bei Alfred E. Neumann jun.: Gmunden bleibt Rekordhalter in Sachen Bim. Da wird sich der Murray aber freuen, da kann er gleich eine neue Werbekampagne konzipieren.
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