Heute:
Wahlbeobachtender Gastkommentar von Michael Amon
Liebe Leserleins!
Das grausige Wort „Aufenthaltsverfestigung“ stammt aus der Sprache der Bürokraten und wurde, so sagt man mir, von einem ehemaligen SP-Innenminister erstmals öffentlich verwendet. Ich habe keine Ahnung, ob das stimmt oder nur Legende ist. Damit war gemeint, dass Asylansuchende, die ins Land kommen, versuchen, hier auch langfristig vor Anker zu gehen, ihren Aufenthalt also zu „verfestigen“. Auf Menschen angewendet ist dieses Wort extrem fragwürdig. Mir aber kam es in den Sinn, als ich die neuesten Umfragewerte zur OÖ-Landtagswahl las: bei ÖPV, SPÖ und Grünen scheinen die Prozente eine Art „Aufenthaltsverfestigung“ erlitten zu haben. Es bewegt sich wenig, und wenn, dann eher nach unten. Der Höhenflug der FPÖ scheint auch gestoppt. Man hat den Eindruck, die Wählerleins seien erstarrt und würden nur noch gottergeben auf den Wahltag warten, um dann ihre Stimmen abzugeben. Im engsten Wortsinn: Stimme abgeben und das war es für die nächsten sechs Jahre. Man spürt auf Landsesebene weder eine Aufbruchsstimmung noch das Gefühl, die anstehenden Probleme würden endlich gelöst werden. Das Flüchtlingsthema überstrahlt alles, obwohl es – so drängend es im Moment sein mag – das wahrscheinlich noch am leichtesten zu bewältigende Problem zu sein scheint.
Wir werden uns jedenfalls bemühen, in den verbleibenden zwei Wochen Information und Entscheidungshilfen zu liefern und über den Stand der Dinge zu berichten. Wir sind zwar nicht davon überzeugt, dass wirklich noch 25 % der Wählerleins unentschieden sind (vor einer Woche wurde uns noch erzählt, es seien 50 %), aber es ist zumindest eine Zeit, in der die Politik mehr Aufmerksamkeit erzielt als sonst. Das wollen wir nutzen, um auch einiges an Nachdenklichkeit über den Zustand des polititschen Systems unter die Leute zu bekommen und an den einen oder anderen Politskandal zu erinnern. Damit das Spekulieren der Parteien auf die Vergesslichkeit der Wählerleins sich als Fehlspekulation erweist.
In diesem Sinne noch einen schönen Sonntag.
Babsy Blitzschnell f. d. Team Gmundl
Die über das Wochenende eingelangten Kommentare bringen wir am Montag.
Rasanter Stillstand
Wahlbeobachtender Gastkommentar von Michael Amon
In gewisser Weite tümpelt der Wahlkampf für die Landtagswahl trotz Turbomodus vor sich hin. Der „rasante Stillstand“ als neueste Politikkreation. Pseudoaktivitäten, die den Eindruck erwecken, man versuche sich und die Wähler mit Hyperaktivität über den eigenen, inhaltlichen und politischen Stillstand hinwegzuschwindeln.
Der Wahlkampf der ÖVP bleibt rätselhaft. Einziges Motto bisher: Alles Pühringer. Die Plakate haben keine Linie, versuchen nur möglichst viele Themen abzudecken, weil man keine klare Botschaft hat außer einer: wählt den Pühringer.
Gleichzeitig versucht man, der FPÖ den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem man sie zwar direkt und sehr aggressiv attackiert, aber weder echten Klartext spricht, noch sich die Koalition mit ihr versperren will. Zuerst hat man versucht, die Drohkulisse einer rot-blauen Koalition auf die Politbühne zu schieben. Das ist nicht recht gelungen, denn das Publikum erkannte schnell, daß diese Kulisse genau das war: eine Kulisse fernab der Realität. Jetzt versucht man es mit direktem Angriff auf die FP, ohne daß klar wird, wo die ÖVP sich genau positioniert.
Nun affichiert man aus lauter Ratlosigkeit eine Plakatserie dümmsten Inhalts. In Zeiten, da Probleme immer weniger regional lösbar sind, auch nicht national, verfällt die angebliche Europa-Partei auf den Slogan: „Wütend auf Wien oder Brüssel? – Oberösterreich stärken. Pühringer wählen.“ Genau daran krankt Europa! Es ist das, was man in der Schweiz „Kantönli-Geist“ nennt. Kleingeistigkeit und Enge, wo Weltoffenheit und freier Blick notwendig sind. Absurd ist ein solcher Slogan, wenn man bedenkt, daß das Flüchtlingsproblem eben nicht in OÖ gelöst werden kann, sondern letztlich Lösungen aus Brüssel erfordert. Das Hinhauen auf Wien mag vielleicht beim einen oder anderen Provinzgeist ankommen, abstrus ist es trotzdem. Denn Pühringer ist heute der einflußreichste Landespolitiker in Wien: er hat das Regierungsabkommen mitverhandelt, die Steuerreform, ist Vorsitzender der LH-Konferenz, mischt bei der Bildungsreform (blockierend) mit und hat Mitterlehner zum Bundesparteiobmann und Vizekanzler gemacht. Sein langjähriger politischer Weggefährte Leitl sitzt in Wien als Chef der WKO und ist damit eine der Spitzen der Sozialpartnerschaft. Und dieser Pühringer will uns jetzt erklären, was in Wien geschehe, sei außerhalb seines Wirkungsbereichs, habe nichts mit ihm zu tun, man müsse ihn wählen, wenn man „auf die in Wien“ wütend sei? Wer auf die in Wien wütend ist, ist in Wahrheit auf Pühringer wütend. Das sollte man bedenken, bevor man diesem dummen Slogan (den nur die OÖ-Krone für raffiniert hält) folgt und sein Kreuzerl bei der ÖVP oder bei Pühringer macht.
Die Wahlwerbung der SPÖ hat zumindest eine halbwegs erkennbare Linie. Die Plakate sind teils gelungen (der bildlich umgesetzte „rote Faden“, der sich durch die Wahlwerbung zieht), teils völlig daneben, wenn man an die Farbgebung des Hintergrunds denkt. Wem ist bloß dieses dumpfe Braun im Hintergrund eingefallen? (Daß die Gmundner SP es schafft, diesen ohnehin schon tristen Farbton noch mehr im Dunklen absaufen zu lassen, ist ein Kapitel für sich.) Völlig unverständlich bleibt für die meisten Leute der ABC-Slogan. Oder kennen Sie einen normalen Menschen, der sagt: Ich suche eine günstige Bleibe? (B für Bleibe). Klingt eher nach Wien-Döbling als nach arbeitenden Menschen. Ob es besonders klug ist, angesichts der Umfragedaten noch immer von 25+ zu sprechen, ist auch so eine Frage. Natürlich muß man sich selbst und die Mitglieder motivieren und darf die Flinte nicht frühzeitig ins Korn werfen. Man fragt sich nur dauernd: wo ist die Flinte? Haben die überhaupt eine? Androsch hat ja dieser Tage gemeint (wenn auch auf die Bundes-SPÖ gezielt), man sitze zwar fest im Sattel, aber das Pferd sei nicht tot, sondern gar nicht mehr vorhanden. Ich habe seit einiger Zeit eine noch drastischere These (sowohl im Bund als auch im Land): Der Sattel ist auch längst weg. Die SPÖ Oberösterreich ist auf dem Weg zur Marginalisierung, ihr droht ein Schicksal in der Art der Wiener ÖVP, die es in Richtung unter 10 % drängt. Die SPÖ hat seit 2003, dem letzten Wahlerfolg in OÖ, rund die Hälfte ihrer Wählerschaft verloren. Der schwache Trost: man kann nicht so viele Wähler verlieren, als man bereits verloren hat. Der Letzte macht das Licht aus. Man kann seitens der SP nur hoffen, daß einige Ortsparteien sich gegen den Trend behaupten – mit Originalität, klaren Grundsätzen und vifer Wahlwerbung.
Das alles geschieht gegen eine, wenn man es genau betrachtet, inferiore FPÖ, die nichts zu bieten hat, außer mehr oder oft auch weniger schönen Heimatsprüchen. Man muß der SPÖ geradezu dankbar sein, daß sie uns mit „Hoamtland“-Sprüchen weitgehend verschont. Daß es der FPÖ gelungen ist, sich aus der Hypo-Affäre davonzustehlen, ist allerdings (bundesweit) eine taktische Meisterleistung, leider mit kräftiger Schützenhilfe einer untätigen Bundesregierung, die kein Interesse hatte, die Verstrickung der eigenen Landesparteien und der Bundespolitik (die ÖVP und die Regierung unter Schüssel) im Hypo-Untersuchungsausschuß präsentiert zu bekommen. Man hat ihn abgedreht, die FPÖ hat davon profitiert.
Viele mosern über den Retro-Stil der FP-Plakate. Man vergißt dabei, daß der durchschnittliche FP-Wähler in Fragen der Ästhetik nicht besonders „sophisticated“ ist. Die scheinbar handgeschnitzten Plakate, überladen mit Text, sind höchst professionell gestaltet und sprechen das Zielpublikum exakt an, die Botschaften sind simpel und perfekt plaziert. Die FPÖ versteht es leider sehr gut, die Ängste der Menschen anzusprechen und zu verstärken. Eine Politik, die die Gründe dieser Ängste beseitigt, schlägt sie allerdings nicht vor. Lösungen wie der Grenzeinsatz des Bundesheeres gegen die Flüchtlinge sind Scheinlösungen. Oder will man 150.000 junge Menschen zu den Waffen rufen und sie alle zehn Meter entlang der österreichischen Grenze aufstellen? (Abgesehen davon, daß da die Versorgung der Flüchtlinge allemal billiger ist als so ein ohnehin wirkungsloser Großeinsatz.) Was die FPÖ nicht sagt: der einstige Einsatz von Präsenzdienern entlang der Außengrenze des Burgenlandes hat zu einer Unzahl von traumatisierten Präsenzdienern plus einer Reihe von Selbstmorden geführt – ein Thema, über das niemand spricht. Weder die FP noch der rote Landeshäuptling Niessl. Man sollte den Leuten, wenn man von Grenzeinsätzen schwafelt, auch erklären, was das für die jungen Menschen im Land bedeutet, die man dort aufstellt. Nicht jeder junge Bürger war und ist freudiger Teilnehmer an Wehrsportübungen.
Die Landes-Grünen. Ein Kapitel für sich. Die angeblich grüne Handschrift der letzten zwölf Jahre kann ich nicht erkennen. Da ich nicht farbenblind bin, muß das einen anderen Grund haben: die nicht vorhandene Grünpolitik. Sein Bourn-Out zu pflegen, ist eine Sache, grüne Politik zu machen eine andere. Anschober ist extrem grün, wenn die Problemlösung fern des Hoamtlandls liegt: AKWs in England – super, da ist der Rudi hochaktiv. TTIP, das in Brüssel entschieden wird, da äußert er sich entschieden. AKW-Temelin, wunderbar, da kann man schön demonstrieren, muß aber selbst politisch nichts umsetzen.
Für ein Kochbuch brauch ich keinen grünen Politiker. So denken viele in OÖ, auch Leute, die geneigt wären, grün zu wählen.
Aber wo ist Anschober in Fragen Ohlsdorfer Deponie-Skandal? Wo ist er, wenn es um die unmittelbaren Lebensfragen in OÖ geht? Er ist ein stummes Anhängsel der ÖVP. Dem absoluten Machtanspruch der ÖVP im Land hat er nichts entgegengesetzt. Die Gmundner Grünen hat er in ihrem Kampf gegen das Asamer-Hotel und gegen die fragwürdigen Begleitumstände im Stich gelassen. Nur nicht den Koalitionsfrieden (=das eigene Sesselchen) gefährden. War im letzten Wahlkampf sein (ehrliches) Hauptargument, sein Landesrats-Amterl in Form des Sessels, so ist es diesmal wiederum der Sessel, nur ein wenig verbrämt: die Landesgrünen plakatieren für schwarz-grün. Glaubt man wirklich, damit unschlüssige Wähler zu gewinnen? Das Konzept mit der Angst vor den Blauen für sich selbst zu werben, geht bei der SPÖ seit zwanzig Jahren schief, die Folgen sieht man jetzt brutal. Die einzige Botschaft von Anschober ist wiederum: ich will mein Sesserl behalten. Ein Sesserl, das nicht einmal mehr grün angemalt ist. Kein Wunder, daß die Landesgrünen stagnieren und weit unter ihrem Potential bleiben.
Warum vermeidet Anschober das Thema Flüchtlinge, so gut es nur geht? Da und dort ein kleines Statement, das war es. Hier liegt ein großes Wählerpotential brach, und niemand traut sich, diesem ein Angebot zu machen. Alle fürchten sich, dieses Thema in den Vordergrund zu spielen, aus Angst, das könne der FPÖ nützen. Und überlassen damit leichtfertig ein beträchtliches Wählerpotential sich selbst. Hart gesagt: man läßt diese Wähler im Regen stehen.
Was heißt das alles für Gmunden? Man kann sich hier wohl kaum vom Landestrend und der Stimmung im Bund abkoppeln, gleichzeitig kommen bei Kommunalwahlen immer auch örtliche Probleme zum Tragen. Der Absturz der ÖVP in Gmunden wird nicht zu verhindern sein. Die Frage ist nur, ob es Krapf gelingt, glaubhaft darzustellen, daß er mit der Vergangenheit brechen will – und ob ihm das geglaubt wird. Als Person ist er durchaus ein Sympathieträger, da hat die ÖVP einen guten Griff gemacht, an politischer Substanz muß er noch wachsen. Aus meiner Sicht war er in der Wahlfahrts-Diskussion rhetorisch sehr gut unterwegs, war SP-Dickinger, der als guter Rhetoriker gilt, über weite Strecken nicht nur gewachsen, sondern überlegen. Aus einem einfachen Grund: Krapf kommt kurz und bündig auf den Punkt und vermeidet populistische Anbiederung im Sprachton. Hier schlägt der am Französischen (und seiner Sprachmelodie) geschulte Sprachlehrer zu seinen Gunsten durch. Sein Problem ist, nach nur einem Jahr Amtszeit kein Wunder, die Kenntnis der Details (da macht aber auch Dickinger nicht immer eine gute Figur, obwohl seit vielen Jahren in seiner Funktion). Allerdings lastet das Erbe Köppls schwer auf ihm, denn viele Fragen sind völlig ungeklärt und derzeit auch kaum beantwortbar. Man denke an die Fragen rund um das Asamer-Hotel und das Seebahnhof-Grundstück. Hier laufen Gerichtsverfahren. Vor deren rechtsgültigem Ende ist eine Planung praktisch unmöglich.
Die Gmundner SPÖ ist in keiner beneidenswerten Lage. Neben einer Reihe fataler Fehler in den vergangenen Jahren, wirkt sich jetzt auch aus, daß die Landespartei völlig aus dem Tritt ist, daß die Wähler in Scharen davonlaufen. Ein Trend, von dem Gmunden sich nur abkoppeln könnte, wenn ein konzises, überzeugendes Wahlprogramm und ein mitreissender Spitzenkandidat vorhanden wäre. Beides ist nicht der Fall. Dickinger mag ein solider Kandidat sein, aber eine „neue“ Politik signalisiert er nicht, ein großes Manko, da in Gmunden ein Momentum in Richtung eines radikalen Kurswechsels da ist. Gegen Krapf sieht er alt aus. Zum Glück für die SP ist die ÖVP bisher nicht in der Lage gewesen, das voll auszuspielen, sonst könnte der Absturz der SPÖ noch schlimmer ausfallen. Schlimm genug wird er ohnedies. Nur Optimisten, die gibt es auch, glauben, daß der Vize-BM und mehr als ein Stadtrat zu halten sind. Da hätte es mehr gebraucht als „Gmunden kann mehr“. Auch das „Gmunden neu denken“ ist weder optisch auf den Plakaten umgesetzt worden, noch im Programm oder gar bei den bisherigen Wahlkampfauftritten.
Die FPÖ fährt – wie es aussieht – im Schlagwagen zum Wahlsieg. Es müßte schon mit dem Teufel zugehen, wenn sie nicht zweitstärkste Partei in Gmunden werden sollte. Die FPÖ ist in der „glücklichen“ Lage, daß ein großer Teil ihrer Wähler nicht nach Inhalten oder konkreten Vorschlägen fragt, sondern eher unreflektierten Befindlichkeiten folgt. Diese Befindlichkeiten werden von der FPÖ perfekt bedient.
Die Grünen haben viel Bewegung in ihren eigenen Wahlkampf gebracht und platzen geradezu vor Zuversicht. Ob es ihnen gelingen wird, das Potential auszuschöpfen, ist unklar. Fehler wie zuletzt das fragwürdige Pro-Regio-Motiv (Put the fun between your legs.) sind in ihrer Auswirkung schwer einzuschätzen. Man versucht unübersehbar, diesen Fauxpas auszusitzen und gar nicht darauf zu reagieren. Ob das sehr schlau ist, bezweifle ich. Allerdings haben eingeschworene Grün-Wähler kaum eine Alternative. Ein Schwachpunkt der Grünen ist sicher ihre vollkommen unreflektierte Zustimmung zum Regio-Projekt, die hängt ihnen wie ein Mühlstein um den Hals und verhindert „Höhenflüge“. Denn immerhin kandidieren drei Parteien für den GR, ohne einen BM-Kandidaten aufgestellt zu haben. Wohin gehen diese Stimmen für eine Liste bei der Frage des BM?
Womit wir schon bei der BIG sind. Wirklich seriös ist eine Abschätzung ihres Ergebnisses nicht möglich. Die Unzufriedenheit mit der ÖVP und mit der Stadtpolitik im allgemeinen (das trifft auch die SPÖ) ist massiv, die BIG wird einiges davon abräumen. Auch frustrierte SPler, die das Regio-Projekt nicht goutieren, könnten bei der BIG landen, detto grüne Regio-Skeptiker. Vom Potential her ist da viel Phantasie drin. Auch wenn die BIG im Stadtbild und bei diversen Veranstaltungen nicht so präsent ist wie andere, schadet ihr das wenig. Sie ist ein Selbstläufer und profitiert von der Mundpropaganda. Auch sind ihre Proponenten gut vernetzt und haben aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeiten weitaus mehr Kontakte zu unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, als etwa manche in der SPÖ wahrhaben wollen. Dazu kommt, daß das Regio-Thema alle anderen Themen überstrahlt, selbst die Flüchtlingsfrage ist in Gmunden kaum thematisierbar. Die FP hat es versucht und ist gescheitert.
Zur Stadtliste von Löcker kann man nun wirklich nicht viel sagen. Die ist ein Anachronismus der eigenen Art. Ich habe mich schon bei der letzten Wahl gewundert, daß Löcker noch Stimmen bekommt – offenbar von jenen, denen die Grünen zu „links“ sind. In der Praxis der letzten Jahre war Löcker fast immer ein Anhängsel der ÖVP, eigene Ideen waren nicht zu erkennen. Ich weiß nicht, warum jemand Löcker wählen sollte. Wenn man seine Performance der letzten Jahre ehrlich bewertet, gibt es eigentlich keinen Grund, seine Liste zu wählen. Grüne Themen sind im allgemeinen bei den Gmundner Grünen besser aufgehoben. Es wäre klüger gewesen, Löcker hätte seinen Frieden mit den Grünen gemacht und auf eine Eigenkandidatur verzichtet. Da waren wohl persönliche Gründe für die Entscheidung zur erneuten Kandidatur ausschlaggebend.
Die Neos sind auch ein Fall für sich. Gmunden wäre eigentlich das geeignete Pflaster für einen Erfolg. Dummerweise ist ihnen die BIG in die Quere gekommen. Die Stimmung für die Neos war auch schon einmal besser, der Flair des Neuen ist weg, die Presse nicht immer gut. Ich halte ein Mandat in Gmunden für möglich. Es wird ebenso knapp wie auf Landesebene. Persönlich finde ich eine breite Fächerung der in LT und GR vertretenen Parteien für gut. Das freie Spiel der Kräfte in beschlußfassenden Körperschaften halte ich für einen demokratiepolitischen Fortschritt. Dazu gehört ein breites Parteienspektrum, keine festgezurrten Koalitionen und das Ernstnehmen des freien Mandats. Gmunden könnte hier beispielgebend werden.
Zusammengefaßt: ÖVP und SPÖ laufen derzeit in Richtung dessen, was zu erwarten ist. Ebenso die FPÖ. Wenn es Überraschungen gibt, dann werden sie von BIG und/oder den Grünen geliefert werden.
Eine große, offene Frage ist die Wahl des Bürgermeisters. Wer kommt in den zweiten Wahlgang? Gibt es da Überraschungen oder nicht? Man darf nicht vergessen: immerhin drei Parteien/Listen treten ohne eigenen BM-Kandidaten an. Wen wählen diese Menschen bei der BM-Wahl? Wird es einen zweiten Wahlgang geben, oder schafft Krapf es im ersten? (Halte ich für möglich, aber weniger wahrscheinlich.) Kommt Dickinger, Frau Enzmann oder Sperrer in den zweiten Wahlgang? Ich halte hier jedes Ergebnis für möglich und möchte das auch begründen.
Entscheidend wird das Wahlverhalten der BIG-Wähler sein. Die haben aber ein Problem. Nur die FP ist klar gegen die Regio. Viele BIG-Wähler wollen sicher keine FP-Kandidatin wählen. Alle anderen Kandidaten sind aber klar und deutlich für die Regio. Also wen wählen? Die Macht der ÖVP will man brechen, also kommt Krapf nicht wirklich in Frage. Dickinger? Sein Parteikollege Sageder ist einer der Hauptbetreiber des Regio-Projekts, Dickinger geht mit unbelegten und unbelegbaren Horrorzahlen für den Fall des Projektstops hausieren. Also auch eher keine Alternative. Bleibt der Grün-Kandidat Sperrer. Da fährt ein Teil der Partei ebenfalls einen ziemlich sturen Pro-Kurs und negiert dabei grüne Kernanliegen (bis hin zum sexistischen Ausrutscher von Kienesberger).
Das also wird die interessanteste Frage sein: welche Kandidaten machen ein Angebot an die BIG-Wähler? Welche Partei propagiert offensiv das Stimmsplitting (an dem die BIG-Wählerschaft ohnedies nicht vorbeikommt, detto Neos und Stadtliste)? Da sollten in den örtlichen Parteizentralen noch einmal ordentlich die Köpfe rauchen.
(Nächste Woche werde ich mir erlauben, meine Überlegungen zur Bürgermeisterwahl zu erörtern.)
Und auch heute, Sonntag, gibt es ein weiteres Sujet aus unserer mehr als nur beliebten Reihe
„Wahlplakate, die wir gerne sehen würden“
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