Heute:
Babsy Blitzschnell über harmlose Strahlung
Liebe Leserleins!
Die Gegend rund um den Traunsee ist in Folge des Tschernobyl-Unfalls bis heute überdurchschnittlich mit Strahlung belastet.
Dass ein Klimamönch (tut uns leid, wir wollten ihn eigentlich in Ruhe lassen und hier nicht mehr erwähnen) sich relativierend und etwas verharmlosend in den OÖN zu Wort meldet, ist ein wenig verwunderlich. Das Ergebnis gebe zwar zu denken, aber dann wird das Verspeisen einer Portion Pilze mit einem elfminütigen Flug in 10.000 m Seehöhe verglichen. Ja, eh. Aber der Vergleich ist an den Haaren herbei gezogen. Vielleicht sollten auch Klimamönche hin und wieder recherchieren. Wir haben es gemacht, denn wir haben das Thema schon seit ungefähr drei Wochen auf dem Speisezettel. Aber darüber schreiben ohne eigene Recherchen, das wollten wir bei einem so heiklen Thema doch nicht. Wir nehmen unsere journalistische Arbeit nämlich ernst. Jetzt aber liegen von uns überprüfte Faken auf dem Tisch.
Grundsätzlich gilt: der Traunsee ist deutlich höher belastet als es im österreichischen Durchschnitt der Fall ist. Die stärkste Strahlung hat er vor Traunkirchen mit 95 Kilobecquerel. Das liegt wahrscheinlich an den Strömungsverhältnissen im See, kann aber, so Experten, auch an im See abgelagerten Industrieabfall-Halden liegen. Letzteres ist aber reine Spekulation und nicht bewiesen.
Der Versuch, diese Strahlung zu verharmlosen, ist mehr als unerfreulich und führt in die Irre. Der Strahlenexperte Reinhard Uhrig von Global2000 sieht die Situation durchaus problematisch. International gelte jeder Wert über 40 kBq/m2 als „substanzielle Belastung“. Insbesondere Menschen, die viel Zeit im Freien oder im Wald verbringen, Forstarbeiter aber auch Kinder, seien betroffen. Er vermißt eine entsprechende Aufklärung der Bevölkerung, regelmäßige Messungen und vor allem auch Tests der aus diesen belasteten Regionen stammenden Lebensmittel.
Übrigens hat sich auch der Traunkirchner Bürgermeister in den Salzburger Nachrichten als Verharmloser betätigt. Traunkirchen ist nämlich die am stärksten belastete Gemeinde Österreichs. Man werde sich das zwar ganz genau anschauen, man habe ja nichts davon gewusst (echt??? Die Cäsiumkarten werden seit 1986 geführt und dauernd aktualisiert!) Aber BM Schragl zeigte sich in den SN erleichtert: „Zum Glück haben wir keine Wildschweine.“ Und wie ist es mit den Fischen aus dem See, die man an die ahnungslosen Gäste verfüttert? Mit der Belastung beim Baden? Wir würden sagen: Der Herr BM hat zwar kein (Wild)Schwein gehabt, aber jetzt ein Problem.
Spätestens seit den Aufklärungskampagnen nach Tschernobyl weiss man, dass es keine „ungefährliche“ Strahlung gibt. Jeder Mensch hat ein individuell unterschiedliches Verträglichkeitsquantum. Eine Art Punktesammelkarte, auf der sich im Laufe des Lebens die Strahlenbelastung addiert. Wenn die Karte voll ist, werden die schädlichen Folgen der Strahlung manifest: frau/man erkrankt. Jede Form von Strahlung ist ein Punkterl auf dieser Karte, die sich so im Lauf der Jahre füllt. Und, das ist das Fatale, die Kartengrösse variiert von Mensch zu Mensch. Was bei einem keine Folgen hat, kann bei einer anderen zu schweren Erkrankungen führen. Niemand weiss, wie gross die individuelle Punktekarte ist. Verharmlosungsversuche sind dem entsprechend verantwortungslos.
In diesem Zusammenhang müssen wir auf eine ganz besondere Problematik in Gmunden hinweisen. Wir wissen nicht, ob die Gemeinde Gmunden diese Daten auch erheben hat lassen. Aber ausgerechnet der öffentliche Badebereich im Stadtteil Weyer weist mit 50 kBq/m2 die höchste Belastung im Stadtgebiet auf (Umweltbundesamt, aktuelle Cäsium-Belastungskarte). Im Bereich Pensionatsstraße werden „nur“ 31 kBq/m2 gemessen (in der Scharnsteiner Strasse gar nur noch 19 kBq/m2). Die Belastung des Wassers im bei Weyer befindlichen Teil des Sees liegt laut der aktuellen Karte des Bundesamtes zwischen 60 und 95 kBq/m2. Kann man hier Kinder wirklich gefahrlos baden lassen? Das wäre ernsthaft mit seriösen Experten, die nicht gerade vom Tourismusverband ausgewählt werden, zu diskutieren.
Frage: hat die Stadtgemeinde auch in diesem Gebiet aktuelle Werte erheben lassen? Wenn ja: wie hoch sind sie? Wenn nein: warum wurde nicht erhoben?
Weitere Frage: wenn dieses Gebiet offenbar relativ stark belastet ist, was geschah bei den Abriss- und Bauarbeiten rund um den Seebahnhof sowie bei den Bauarbeiten rund um die Regio? Kam es dadurch zu einer zusätzlichen Strahlenbelastung für die dort wohnende Bevölkerung? Welche Massnahmen sind möglich, um den Strandteil zu entlasten? Wäre es klug, in diesem Viertel bei künftigen Baumassnahmen besondere Vorsicht walten zu lassen um eine zusätliche Belastung der Bevölkerung zu vermeiden? Und wie müsste diese Vorsicht gestaltet werden?
Fragen, auf deren Beantwortung die Gmundner Bevölkerung ein Recht hat, und auf die sie wartet!
Strahlenbelastungskarte / auf das Bild klicken für Originalgrösse
Es geht nicht darum, Panik zu schüren. Es darf aber auch keine Verharmlosung der Belastung stattfinden, denn, wie oben beschrieben, die Gefahr durch die nicht wegdiskutierbare zusätzliche Strahlenbelastung ist keineswegs zu verniedlichen. Je nach individueller Punktekarte müssen einzelne Menschen sehr wohl mit schädlichen Strahlenfolgen rechnen. Hier ist nicht Abwiegeln gefragt, sondern offene und ehrliche Information.
Babsy Blitzschnell f. d. Team Gmundl
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