Ausverkauf

Heute:
Bruno Beinhart über Ausverkäufe

Liebe Leserschaft!

Was ist die grosse Frage, die viele Leute in diesen Tagen beschäftigt? Dejenigen, die noch denkbereit sind. Wie konnte es zum fulminanten Absturz der Regierungsparteien kommen!
Wer jetzt „Flüchtlingsfrage“ antwortet, liegt zwar nicht ganz falsch. Aber auch nicht wirklich richtig. Denn die Ursachen liegen tiefer. Im Lebensgefühl der Menschen. Die haben den Eindruck, alles gehe den Bach hinunter. Während man ihnen Statistiken vors Gesicht hält, das alles besser geworden ist. Ja. Für ein paar Leute. Vielleicht für die oberen 5 % der wirklich Vermögenden. Aber der ganze Mittelstand und alles darunter, die haben ins Gras gebissen. Oder sind gerade dabei.

Das ist die Grundstimmung. Dann aber geschehen Dinge, die den Leuten das Leben endgültig verleiden. Dinge, die ihr tägliches Leben ganz unmittelbar beeinflussen. Und verschlechtern. ÖVP und SPÖ haben jetzt über zwanzig Jahre lang, neoliberale Dogmen brav umgesetzt. Österreich hat natürlich wieder einmal eine Frischluftkur gebraucht. Nicht alle Regeln und Vorschriften sind sinnvoll. Aber man hat die falschen Dinge über Bord geworfen. Die Bürokratie blüht noch immer. Sinnlose Geldverschwendung im Dickicht des Föderalismus ist Teil des Systems. Aber man hat die falschen Schritte gesetzt.

Die neoliberale Ideologie ist prinzipiell und ohne Nachdenken für Privatisierung. Über manches kann man reden. Der Staat muss kein Reisebüro betreiben. Keine Apotheke besitzen. Aber den Postdienst zu privatisieren, ist volkswirtschaftlicher Schwachsinn. Das Versprechen der neoliberalen Ideologen war, alles werde durch die Kräfte des Marktes billiger. Das Service besser. Falsch. Das Gegenteil ist bei der Postprivatisierung eingetreten. Die Posttarife sind explodiert. Das Service wird immer schlechter. Die Menschen spüren das.

Jetzt ist also demnächst die Post in Ebensee dran. Ein Ort mit fast 8.000 Einwohnern wird demnächst ohne Post sein. Weil sie dort rote Zahlen schreibt. Die Geschichte mit den Postpartnern kann man vergessen. Funktioniert nicht. Sah man ja in Gmunden. Hier war man jetzt noch dazu so dumm, genau im Moment der Durchfahrtssperre die ausserhalb gelegene Servicestelle, die von der Gemeinde betrieben wurde, zu zu sperren. Als ob man nicht die Bauarbeiten abwarten hätte können. Das sind die Dinge, die die Bürger endgültig verärgern.

Aber zurück zu Ebensee. Ein Postdienst ohne Verluste ist nicht denkbar. Privatisierung bedeutet Herauspicken der Rosinen. Der Rest darf dann beim Staat bleiben. Den Schaden haben die Menschen. Wieder ein Stück „Heimat“ weg gebrochen. Denn Heimat ist mehr als nur die Behauptung der FPÖ. Tagtäglich erfahren die Menschen, dass ihnen in ihrem unmittelbaren Leben etwas genommen wird. Wen wundert es, wenn die Leute dann reagieren. Dass die FP keine Lösung ist und keine Lösungen hat, ist den Leuten schnurz. So weit denken die meisten nicht.

Die Ebenseer haben demnächst weder eine Post noch eine ordentliche Brücke. Während in Gmunden locker hundert Millionen für ein ziemlich fragwürdiges Projekt ausgegeben werden, fehlen drei Millionen für einen raschen Brückenneubau in Ebensee. Treu nach dem Motto eines Gmundner Sozialdemokraten: Besser bei uns verbuddeln als anderswo. Sein Parteikollege in Ebensee darf sich bei ihm bedanken. Gmunden zuerst! Oberösterreich zuerst! Österreich zuerst! Ausserirdische können sich da nur noch wundern. Sollten sie auf unsere wundersame Welt stossen.

Es sind diese scheinbar kleinen Sachen, die zur miesen Stimmung im Land führen. Ehen scheitern an nicht zugeschraubten Zahnpastatuben. Die „grosse“ Politik an Wirtshausschliessungen, Postamtsvernichtung, zugesperrten Pfarren, eingeschränkten Krankenhäusern. Was nützen den Menschen statistische Wohlstandssteigerungen, wenn das unmittelbare Leben immer schwieriger wird? Auch dafür wurden am vergangenen Sonntag mit dem Kreuzerl politische Ohrfeigen verteilt.

Der Ausverkauf des geschrumpften Asamer-Imperiums geht weiter. Der Freisitz Roith ist verscherbelt worden. Nicht an eine Hallstätter Gastronomiefamilie, sondern an derzeit noch Unbekannte. Ob der Freisitz ein Hotel bleiben wird? Kann man bezweifeln. Die Lage ist exzellent. Es riecht nach Appartements für Zweitwohnsitze. Kein Wunder. Hotels in Gmunden rechnen sich nicht. Da kann die örtliche Politik erzählen was sie will. Da kann sie gemeinsam mit dem überforderten Tourismusdirektor vor sich hin träumen von ein, zwei oder gar drei neuen Hotels. Das ist alles Kokolores. Mehr als Tagestourismus wird es in Gmunden die nächsten zwanzig Jahre nicht geben. Und in zwanzig Jahren auch nur dann, wenn man sofort etwas machen würde. Nur leider, es fehlt halt eine zündende Idee.

Vielleicht sollten die verantwortlichen Politiker und Touristiker Gmundens eine Studienreise an den Vierwaldstättersee veranstalten. Dort können sie sich anschauen, woran es in Gmunden fehlt. Nämlich an praktisch allem. Hier hat man ja auf die Schnelle mal das Parkhotel abreissen lassen. Damit der Asamer sein Harakiri-Hotel machen kann. Das dann niemand finanzieren wollte. Und der Asamer selbst war längst ein bisserl klamm. Was die Kohle betrifft. Am Vierwaldstättersee wurden solche Hotels umgebaut, renoviert, den modernen Erfodernissen angepasst, und gleichzeitig in ihrer imperialen Schönheit belassen. Der Tourismus dort ist ein Hochpreistourismus. Kein Billigheimer. Kein Ramschtourismus wie in Gmunden. Obwohl es auch dort grosse Probleme mit der Raumplanung, dem Landschaftsschutz und der Zersiedelung gibt.

Was vielen Gmundnern vielleicht noch gar nicht aufgefallen ist. Wir sind im ORF-Teletext rausgeflogen. Bei den aktuellen Wettermeldungen. Nix mehr aus Gmunden. Jetzt hat uns Altmünster erstetzt. Ja, die noblichen Gmundner sind nicht im Auge des Wetterhurricanes. Dafür sind Weltstädte wie Gallspach und Ostermiething vertreten. Und der grosse Konkurrent Vöcklabruck. Der Abstieg Gmundens geht ungebremst weiter. Wo sind die Proteste der örtlichen Politik? Wann erklettert BM Krapf das Dach des ORF-Zentrums am Wiener Küniglberg? Und schreit es von dort aus hinaus in die Welt: „Wir wollen unser Wetter wieder!“ Der Murray könnte ihm dabei das Megaphon halten.

Dass Gmunden derzeit in Totenstarre verharrt, ist nicht zu leugnen. Man wird sehen, ob die Agonie zu einem Dauerzustand wird. Beängstigend ist das alles auf jeden Fall. Auch wenn man kein Angsthase ist.

Bruno Beinhart f. d. Team Gmundl


 

 

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