Heute:
Babsy Blitzschnell über Verrücktheit
GK AndyB „Zu dumm“
GK XY „Ausgewandert“
GK Wolfgang Neubacher „Paternalistisch“
Liebe Leserleins!
Ich frage mich, ob die Herrschaften in Brüssel, etwa Herr Juncker, jetzt völlig verrückt geworden sind. Sie machen alles, um den Eindruck der Bürgerferne zu vertiefen. Sie wollen noch mehr Brüssel und weniger Nationalstaat zu einem Zeitpunkt, da viele Bürgerleins diese Idee ablehnen. Auch wir hier im Blog sind für mehr Europa und weniger nationale Entscheidungen. Aber mit einer gewichtigen Einschränkung: vorher muss es in Europa eindeutig mehr Demokratie geben, Mitentscheidung der Bürger, ein wirklich selbständig handelndes EU-Parlament und klare Regeln für die Mitentscheidung der nationalen Parlamente.
Jetzt aber ist die Verwendung von Glyphosat wieder um 18 Monate verlängert worden – mit fadenscheinigen, von den Glyphosat-Produzenten beauftragten „wissenschaftlichen“ Gutachten, unter dem Druck der grossindustriellen Landwirtschaftslobby und gegen den massiven Widerstand der Bevölkerung. Bürgernah? Oder Durchsetzunge von Konzerninteressen?
Ebenso erleben wir es gerade mit CETA. Das will man an den nationalen Parlamenten vorbei schummeln. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da die EU ohnehin am Kippen ist, weil ihr das Vertrauen der Bürger verloren gegangen ist. Wer in der gestrigen Nacht-ZiB das Interview mit dem ÖVP-EU-Abgeordneten Karras gehört hat, konnte sich nur noch wundern. Wo lebt dieser Mensch? Nur noch in Brüsseler Wandelgängen und Restaurants? Wir hörten eine grauenerregende Bürokratensprache gefüllt mit Leerformeln.
Juncker meinte lakonisch, der Widerstand gegen CETA sei „österreichischer Klamauk“. So wie für ihn wahrscheinlich der Brexit britischer Klamauk ist.
Auch unser Aussenminister Kunz hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. Er meinte, „die Flüchtlingpolitik ist der grösste Fehler der EU“. Was für ein Unsinn. Der grösste Fehler der EU ist, dass sie auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verzichtet und die arbeitenden Menschen in einen gnadenlosen innereuropäischen Wettbewerb mitsamt Reallohnsenkung gejagt hat. Hätte man die Arbeitslosenzahlen nicht explodieren lassen und Millionen Menschen in Niederstlohn-Jobs geschickt, wären die Flüchtlinge für die meisten Menschen kein sehr grosses Problem.
Offenbar wurden aus dem Brexit keine Lehren gezogen. Man will keine Lehren ziehen, jetzt nicht und auch nicht in Zukunft. Wer in dieser Situation noch immer auf noch mehr Zentralismus setzt, auf weitere Verringerung nationaler Souveränität, der arbeitet am Sieg von LePen, Strache & Co. Der arbeitet daran, die EU endgültig in die Luft zu jagen. Man kann für die Vereinigten Staaten von Europa (VSE) eintreten (wir halten die Idee für gut). Aber niemand darf die Bürgerleins dabei überfordern. Die VSE sind ein Projekt für die nächsten hundert Jahre, nicht für die nächsten fünf. Und es muss ein Projekt der und für die Bürgerleins sein. Nicht eines der grossen Konzerne.
Babsy Blitzschnell f. d. Team Gmundl
Zu dumm
Gastkommentar von AndyB
Nachtrag zum Brexit :
Ich bin strikt gegen solche gewichtigen Volksabstimmungen, da ich – um es vorsichtig auszudrücken – die Mehrheit der Bevölkerung „geistig für nicht in der Lage halte“, solche wichtigen Entscheidungen zu treffen. Die Tragweite solcher Entscheidungen erkennen viele erst dann, wenn es schon zu spät ist.
Man denke dabei an die häufigste Google Suche der Engländer NACH der Wahl : „Was ist Brexit“ oder „Was passiert bei einem Brexit“.
Das jetzt schon Ausländer (deutsche, pakistanische, spanische, indische etc.) in England angegriffen werden, das spricht eine deutliche Sprache. Das Ergebnis solcher Hetzkampagnen.
Ich finde auch die Bezeichnung „die Hälfte der Bevölkerung oder der Engländer“ hat sich für/gegen einen Brexit ausgesprochen für falsch. Immerhin hat 28 % der Bevölkerung nicht gewählt. Das nennt man halt Demokratie.
Vielleicht müsste man solche wichtigen Abstimmungen aber auch anders formulieren. Das 50% der Wahlberechtigten für oder gegen eine Sache sein müssen. Was bedeuten würde : jeder müsste wählen gegen, ansonsten würde es als Enthaltung gezählt. Das wäre dann aber immer noch Demokratie …
Ausgewandert
Gastkommentar von XY
nach längerer abwesenheit aus diesem blog bin ich überrascht und erfreut zugleich, dass das thema lärm in gmunden seinen weg in die öffentliche wahrnehmung gefunden hat. ich habe nicht alle beiträge vollständig gelesen aber aus meiner sicht reicht mein unvollständiger kenntnisstand aus um verschiedene poster und leser über ein paar tatsachen zu informieren:
in einem beitrag wurde z.B. die gmundner lärmschutzverordnung angesprochen … diese ist so zahnlos wie ein diabetischer wolf!
1.) wenn ihnen um punkt 22:00 uhr gemessene 100dBA aus ca. 25 meter abstand zum lärmerzeuger um die ohren fliegen dürfen sie sich nicht wundern wenn der stadtamtsdirektor von gmunden nur ungläubig den kopf schüttelt! egal in welcher BGM legislatur!
2.) wenn sie eine beträchtliche datenmenge an tonmaterial über ebensolche vorfälle (keine veranstaltungen … nur PRIVATE!) der stadtwache, auf deren ausdrücklichen wunsch! zur sichtung aushändigen seien sie bitte nicht überrascht, wenn das ihre situation nicht positiv beeinflusst.
3) wenn ihre bemühungen zu einem vernüftigen zusammenleben darin enden, dass sie sich gezwungen sehen ihren, mit viel mühe erschaffenen lebensmitelpunkt, aufzugeben um sich und ihre familie vor solchen eskalationen zu schützen DANN sollten sie sich bitte NICHT beschweren! es könnte unangenehme folgen für sie haben.
4) seien sie z.B. bitte nicht nachtragend, wenn ihnen durch die stadtwache, mit kopfschütteln und achselzucken, betätigt wird, dass ihre beschwerde zwar mehr als gerechtfertigt und nachvollziehbar ist, aber … um gesetzliche übertretungen hätten sie sich gefälligst selbst und privat zu kümmern! … wie gesagt … ihre nachtragung wird ihnen nachgetragen werden:-)
kurzum … die lärmsituation in gmunden ist kein nebenschauplatz der befindlichkeiten, sondern ein ernstes problem hinsichtlich entwicklung der gmunder gesellschaft welches mich/uns dazu gezwungen hat diesen ort zu verlassen.
glücklicherweise haben wir die möglichkeiten dazu und haben diese auch wahrgenommen. schade, dass es zum abschied aus meiner sicht nichts besseres über die gmundner bewohner zu berichten gibt, wohlgleich ich bei passender gelegenheit gerne über den „gmundner“ und seine „parkplatz-vorlieben“ berichten würde.
das credo „echter“ gmunder lautet wohl:
bescheiss’n und hau ea’m am schäd’l … a echta hoi’t des scho aus!
ba ba und ….
Paternalistisch
Gastkommentar von Wolfgang Neubacher
Sehr geehrter Herr Amon!
Menschen treffen in der Emotion (auch) falsche Entscheidungen, die sie später bereuen.
D’accord.
Muss man Menschen davor schützen?
Wahrscheinlich. Den Einzelnen wohl jedenfalls (zB Übereilungsschutz bei Haustürgeschäften etc.)
Ein ganzes Volk auch?
Die Briten wussten über ein Jahr, dass sie abstimmen werden. Ich glaube nicht, dass der Brexit im kollektiven Affekt geschah.
Es war eine Wahl, bei der Emotionen – wie wohl bei fast jeder Entscheidung (man denke nur an Zwentendorf, Wehrpflicht, österreichischer EU-Beitritt) – eine Rolle spielten.
Zugegeben (und hier treffen sich unsere persönlichen Einschätzungen wohl wieder) wurden diese Emotionen von Demagogen geschürt und ausgenutzt.
Der Brexit kostet viel Geld, vielleicht auch die Einheit des Vereinigten Königreichs und möglicherweise noch viel mehr, aber er ist nicht unumkehrbar. Wenn die Briten in ihren Wahlverhalten einen Fehler erkennen, spricht nichts dagegen, erneut einen Beitrittsantrag zu stellen.
Meines Erachtens ist die Gesellschaft nicht vor „rein emotionalen Entscheidungen“ zu schützen. Von wem auch? Von Platon’s gutem Tyrann? Das ist nicht mein Verständnis von „repräsentativer Demokratie“.
Die Gesellschaft ist vor Demagogen, die Emotionen unredlich ausnützen, zu schützen.
Dazu sind aber erhöhte Quoren mE kein guter Weg, denn der Schuss könnte auch nach hinten losgehen. (Was ist, wenn die reine Brexit-Emotion Ihre 66% übersteigt.) Vor allem aber entspricht es nicht meinen Sinn von Demokratie, wenn a) Minderheiten über Mehrheiten bestimmen und b) Eliten – ohne dafür durch das Volk legitimiert zu sein – entscheiden, was gut für das Volk ist.
Besser Werkzeuge sind mE wohl eher Bildung, Presse- und Meinungsfreiheit und Medienvielfalt.
Wieso bei direktdemokratische Entscheidungen „große Minderheiten“ mehr Schutz bedürfen, als bei parlamentarischen Entscheidungen erschließt sich mir nicht. Auch im Parlament gibt es Entscheidungen, die 52:48 ausgehen. Dass Parlamentarier mit ihrem Stimmrecht sorgsamer umgehen als die Gesamtbevölkerung – mag sein – ich glaub es nicht.
Demokratie ist schwierig; Ihrem Paternalismus kann ich mich aber nicht anschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Neubacher
Sehr geehrter Herr Neubacher!
Aus Zeitmangel nur eine kurze Antwort.
Ich finde nicht, daß meine Haltung „paternalistisch“ ist. Aber das ist wahrscheinlich Ansichtssache.
99,9% aller Parlamentsentscheidungen sind bei geänderten Mehrheiten leicht zu ändern bzw. zu reparieren. Dazu kommt: in unserer Verfassung sind mit gutem Grund manche Entscheidungen 2/3-pflichtig.
Für mich ist es ein wesentlicher Bestandteil einer Demokratie, über „Minderheiten“ nicht „drüberzufahren“, sondern auch ihre Anliegen zu berücksichtigen. Die Krise der EU beruht auch darauf, daß man eben mit sehr kleinen Mehrheiten Dinge durchgezogen hat. Damit mehrte man das Heer der Unzufriedenen. Es ist eine Frage staatspolitischer Klugheit, sich bei Lebensfragen nicht nur auf „50%+1 Stimme“ zu stützen.
Mit dem Begriff des „Volkes“ fange ich recht wenig an. Dieser Begriff verschleiert, daß es massive Interessensgegensätze innerhalb einer Bevölkerung gibt. Sieht man ja von Brexit bis Bundespräsidentenwahl.
Natürlich gibt es einen Punkt, wo man sagen muß: Mehrheit ist Mehrheit. Etwa bei den von Ihnen angezogenen 66 %. Aber eine „The winner takes it all“-Mentalität hat uns dorthin geführt, wo wir jetzt sind: in ein krisengebeuteltes Europa. Das gebe ich einfach zu bedenken und darüber muss gesprochen werden. Wir brauchen in einer immer komplizierter werdenden Welt bessere demokratische Werkzeuge als ja/nein-Abstimmungen.
Mit besten Grüßen & Dank für die Diskussion
Michael Amon
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