Heute:
Babsy Blitzschnell blitzschnell über die Tage danach
Gastkommentar von
Michael Amon „Sieger sehen anders aus“
Liebe Leserleins!
Ihre Babsy hält sich heute wirklich echt kurz, versprochen!
Der Schlachtenlärm ist vorbei, der Pulverdampf schwebt noch in der Luft. Nichts ist überholter, als das Wahlplakat von gestern. Die Ergebnisse liegen auf dem Tisch, jetzt beginnen die Versuche, den objektiven Zahlen einen subjektiven Drall zu geben – wir kennen das als Spin-doctoring. Ja, die spinnen, diese Dottores.
Halb Österreich, oder sagen wir: fast halb Österreich, hat den morgendlichen Katzenjammer. Nach dem Koitus sind alle Tiere traurig, gell! Du erwachst, und neben dir liegt nicht die Person, mit der du gerechnet hast. Oder Variante zwei: die Person neben dir ist nicht ganz so toll, wie du am Vorabend, belämmert von Sprüchen und Wahlkampfslogans, vielleicht geglaubt hast. Liebe Leserleins, so ist das Leben, sagt eure Babsy, gell!
Wir vom Team Gmundl sehen es pragmatisch: der mit den längeren Beinen und der kürzeren Nase hat gewonnen. Ein als österreichisch-ländlicher Bauer verkleideter Städter ist eindeutig die vernünftigere Wahl als ein als Biedermann getarnter deutschnationaler schlagender Burschenschafter. Eine Mehrheit im Staat hat Landliebe statt Säbelfechterei gewählt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Babsy Blitzschnell f. d. Team Gmundl
Sieger sehen anders aus
Gastkommentar zur HBP-Wahl von Michael Amon
Eine Wahl wie die diesjährige HBP-Wahl hat das Potential für Mythen. An denen bastelt vor allem die FPÖ seit dem Wahlabend schon sehr fleissig. Also wollen wir vorab mal gleich mit einigen dieser Mythen eine Ende machen, bevor sie sich in den Köpfen verfestigen.
- Nicht Van der Bellen hat gewonnen, Hofer und die FPÖ haben verloren
- Die Versuche der FPÖ, das Ausmaß der Niederlage kleinzureden, sind lächerlich. Dieses Ergebnis ist eine Schlappe, angesichts des Theaters an Zumutungen, das die FPÖ veranstaltet hat.
- Es gab keine Wahlmanipulation, welche die Wahlwiederholung gerechtfertigt hätte, und schon gar nicht gab es in diesem dritten Wahlgang Manipulationen. Auch wenn in den Social Media-Foren der FPÖ von den Postern jetzt erst recht wieder von einer „gefakten“ und „gefälschten“ Wahl die Rede ist.
- Die Wahlempfehlung von Vizekanzkler Mitterlehner war ungefähr so wahlentscheidend, wie ein Fahrradunfall in Peking. Die Absicht der FPÖ ist allzu durchsichtig: die Konflikte in der ÖVP anheizen. Sind FPÖ-Wähler wirklich so dumm, wie ihre Führung zu glauben scheint?
- Wie immer lagen die Meinungsforscher voll daneben. Sie sahen im Kaffeesud Hofer knapp in Führung und eine um ca. 4 % niedrigere Wahlbeteiligung.
Man könnte noch ergänzen: das war auch kein Wahlsieg der Grünen. Gesiegt hat eine Koalition aus Bürgerinnen und Bürgern aller Schichten und aller politischen Richtungen jenseits der FPÖ. Österreich mag vielleicht strukturell eher mitte-rechts angesiedelt sein, aber es gibt keine strukturelle Mehrheit für eine FPÖ in den obersten Ämtern der Republik.
Ein Teil der Niederlage Hofers dürfte dadurch zu erklären sein. Viele, die im zweiten Wahlgang noch Hofer aus Protest gewählt haben, kamen offenbar zur Erkenntnis: Hofer als Protest ist ok, aber Hofer als HBP, nein, das wollen sie nicht. Immerhin haben fast 80.000 Hofer-Wähler zu VdB gewechselt und nur rund 5.000 von VdB zu Hofer. Dieses Erlebnis steht Strache noch bevor – bei der NR-Wahl, sei sie nun 2017 oder 2018. Die derzeitigen Umfragewerte der FPÖ sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen: FPÖ 33 %, SPÖ 27 %, Schwankungsbreite +/- 4,4 %. Auf gut deutsch: es kann auch SPÖ 31,4 % zu FPÖ 28,6 % stehen. Die ÖVP liegt trotz hoher Schwankungsbreite derzeit abgeschlagen auf dem dritten Platz.
Ein Wahlsieg der FPÖ bei der NR-Wahl ist also keineswegs sicher. Der Schwung der HBP-Wahlbewegung hat sich mit der sonntäglichen, massiven Niederlage der FPÖ in Rauch aufgelöst. Ob Hofer bei einer Parteienwahl (anstatt einer Personenwahl) ebenso Wähler anziehen kann, ist höchst fraglich. Die Team-Idee (Strache und Hofer als Doppelspitze) hat noch bei keiner Partei funktioniert. Dazu kommt, daß Hofer – die Ergebnisse des dritten Wahlgangs zeigen das deutlich – den Goodwill außerhalb der dezidierten FP-Wähler verloren hat. Zu offensichtlich war seine Zweigesichtigkeit: einerseits beinharter Ideologe, deutschnationaler Burschenschafter, extremer Rechtsausleger, andererseits der nette Kumpel von Nebenan. Diese zweite Erzählung ist in den letzten Tagen des Wahlkampfs gestorben. Die bürgerlichen Wähler haben durchschaut, daß die Bürgerlichkeit Hofers bloß Mimikri ist. Den harmlosen, freundlichen Nachbarn, politisch in der Mitte mit ein paar rechten Tupfern, nahm ihm die wirkliche politische Mitte nicht mehr ab.
Die 46 % für Hofer sind keineswegs jenes Potential, das der FPÖ offensteht. Denn bei den NR-Wahlen wird es nicht nur zwei Möglichkeiten zur Auswahl geben. Das gleiche gilt übrigens für die Grünen: ihr Potential hat sich wohl nur geringfügig erhöht. Sie werden sehr schnell von der glattgehobelten Wahlpropaganda für VdB zu angriffigeren Positionen finden müssen, wenn sie bei der NR-Wahl nicht zwischen den Blöcken SP, FP und VP zerrieben werden wollen (wobei auch die Neos noch einen Faktor darstellen könnten, wenn Frau Griss für sie antritt).
Sicher ist nur eines: mit der Entscheidung bei der HBP-Wahl ist kein einziges Problem Österreichs auch nur im Ansatz gelöst. Der Sturmlauf der Rechten ist keineswegs dauerhaft gebremst. Der Vormarsch von LePen, Strache & Co. wird nur dann auf Dauer zu stoppen sein, wenn endlich eine wirksame Politik für jene Menschen gemacht wird, die derzeit gefühlt oder tatsächlich Opfer einer maßlosen und ungesteuerten Globalisierung sind, die es so übrigens gar nicht gibt. Unsere Arbeitsmarktprobleme resultieren vor allem aus einer falsch konzipierten Freihandelspolitik innerhalb der EU und aus der falschen Umsetzung der gemeinsamen Währung. Was uns als Folge der Globalisierung verklickert wird, ist die Folge innereuropäischer Fehler (insbesondere der wirtschaftsextremistischen Freihandelspolitik).
Letzten Endes gilt: die Lösung kommt nicht über den Rückzug ins Nationale. Es wird wohl vor allem an der Sozialdemokratie liegen, sich von den neoliberalen Dogmen zu lösen, die sie bisher bereitwillig mitgetragen hat. Der Ansatz, den zuletzt Kanzler Kern und der deutsche Wirtschaftsminister Gabriel präsentiert haben, ist ein guter Weg in diese Richtung. Die vier Freiheiten der EU gehören um eine fünfte Säule ergänzt: die einer Sozialunion. Ob diesem Vorschlag auch Taten folgen, ist eine große Frage. Die andere große Frage ist, ob Gabriel als Mitexekutor von Hartz IV besonders glaubwürdig ist.
Was Europa heute braucht, das sind nicht rechte oder rechtsradikale Parteien, sondern eine Rückbesinnung der Christdemokraten und der Sozialdemokratie auf ihre (christlich)sozialen Wurzeln. Dieser Rückbesinnung müssen entsprechend fühlbare Taten folgen.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, ein VdB noch keine menschenfreundlichere Politik.
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