Heute:
Offener Brief von H. R. Pelikan zu Umbauplänen
Postings
Liebe Leserleins!
Die Verschandelung Gmundens durch Zweck- und Zwecklosbauten ist evident. Man sehe sich nur an, was beim „Zubau“ zur Musikschule geschieht. Architektonisch ein Ärgernis, vom Nutzwert völlig unnötig und überflüssig, weil es genug freie und geeignete Räumlichkeiten in Gmunden gäbe. Man müßte halt ein paar Meter gehen (ja, mit der Regio fahren, das wird es nicht bringen, weil die dort nicht hinfährt – aber wo fährt die schon hin?)
Die Verhunzung des Klosterplatzes wird von vielen dankbar angenommen. Kein Wunder: dieser Platz war schon davor reichlich herabgekommen, ein Schandfleck für eine Stadt, die auf den Tourismus schielt. Dass manchen Leuten die Neu“gestaltung“ jetzt gefällt, liegt an der „Sauberkeit“ des Neuen.
Hier hat sich federführend Herr Neumann von Stern & Hafferl hervorgetan. Ähnlich geschmackssicher wie die Asamers – allem Anschein nach ist die ästhethische Ahnungslosigkeit ein Merkmal unserer örtlichen „Ober“schicht – wird nach dem Klosterplatz die ganze Innenstadt mit Masten beglückt. Über die Gestaltung der Haltestellen weiss man noch nichts. Aber das bisher errichtete (Seebahnhof, Klosterplatz) lässt das Schlimmste befürchten.
Doch die Neumanns sind nimmermüde um die Stadtverhässlichung bemüht. Auch die evangelische Pfarre soll davon nicht unverschont bleiben. Seit geraumer Zeit gibt es eine heftige Auseinandersetzung wegen Umbauplänen, die der von den Neumanns beherrschte Pfarrgemeinderat durchsetzen will. In diesem Pfarrgemeinderat (41 Mitglieder) ist Hr. Neumann „Kurator“ (=Vorsitzender in allen Gemeindegremien), zwei weitere Neumanns und drei enge Verwandte als Pfarrgemeinderäte tätig. Baumeister wollen bauen. Wieweit von einem Umbau auch Neumanns Baufirma profitieren würde, können wir nicht beurteilen, da wollen wir auch nichts unterstellen. Auf jeden Fall sind in der evangelischen Gemeinde Stimmen zu hören, die fordern, dass weder S & H noch ein ihnen nahestehendes Unternehmen zum Zug kommen. Immerhin geht es um eine Summe von vier Millionen Euro. Angesichts der Kopfzahl der Gemeinde (4.000 Personen) auf normalem Weg nicht zu finanzieren. Da müsste jedes Mitglied 1.000 Euro auf den Tisch legen. Nur für den Umbau. Aber man will ohnedies rund 510.000 Euro von Gemeinden (Gmunden, Altmünster, Pinsdorf, OHlsdorf, Gschwandt, Kirchham, St. Konrad, in Summe 150.000) und vom Land (360.000, angeblich sind 250.000 zugesagt) holen. In der Übung, Geld aus öffentlichen Geldern zu lukrieren, ist Herr Neumann ja Weltmeister. Siehe Regio-Tram und Stern & Hafferl-Verkehr. Da bewegt sich nichts ohne Steuergelder.
Die „Selbst“finanzierungsvorschläge von Hrn. Neumann laufen auf einen Verkauf des evangelischen „Famliensilbers“ hinaus: Grund beim evangelischen Friedhof, Wohnungen etc. Auch dies wird von vielen Gläubigen mit Skepsis gesehen.
Die Auseinandersetzung um den Umbau hat auch einen theologischen Hintergrund. Die Neumanns zählen – wie man aus evangelischen Kreisen hört – zu einer fundamentalistisch-evangelikalen Richtung, die den Altar sehr stark in den Mittelpunkt des liturgischen Geschehens stellt, und ihn dem entsprechend beim Umbau auch in die Mitte des Raumes verlegen will. Das ist für lutheranische Evangelische nur schwer erträglich, da hier eine Nähe zum Katholizismus aufgebaut wird, die sich von den lutherischen Gedanken weit entfernt. Beim katholischen Mess“opfer“ wird Gott geopfert, eine Vorstellung, die für Lutheraner abwegig ist. Gott kann nicht geopfert werden.
Wir bringen daher heute einen Brief von Herbert Rainer Pelikan an die evangelischen Pfarrgemeinderäte. Der heutige Tag ist bewusst gewählt – die evangelische Kirche hier trägt den Namen „Auferstehungskirche“. Den Namen jener Begebenheit also, die den Kern christlichen Glaubens ausmacht.
Mögen die religiösen Aspekte nicht alle betreffen oder interessieren – die Tatsache, dass ein Mächtiger dieser Stadt erneut federführend an einer Verschandelungsaktion beteiligt ist, dafür wieder einmal auch öffentliche Gelder in Anspruch nehmen will, geht uns alle etwas an. Angemerkt sei auch, dass ein grosser Teil des Umbaus vom Denkmalamt beeinsprucht und nicht genehmigt worden ist.
Aus unserer Sicht ist diese Aktion ein weiterer Punkt, der zeigt, wie sehr eine Erneuerung Gmundens an Haupt und Gliedern notwendig ist. Wie nötig es ist, die alten Macht“eliten“ in die Schranken zu weisen. Selbst in einer sehr demokratisch organisierten Institution wie der evangelischen Kirche kracht inzwischen das Gebälk, weil sich Machtstrukturen verfestigt haben.
Ehrlich: Ihre Babsy wollte zu Ostern nichts arbeiten, sondern genüsslich faulenzen. Das habe ich jetzt davon. Pläne kann man echt nur beim Fenster rauswerfen, gleich nachdem man sie gemacht hat. Wäre übrigens in vielen Fällen auch für uns Steuerzahlerleins eine preiswerte Lösung bei vielen Plänen und Ideen der Politik.
Babsy Blitzschnell f. d. Team Gmundl
Nachsatz: wir haben schon länger Kenntnis von dieser Angelegenheit gehabt. Zeitmangel hat uns gehindert, früher zu berichten. Bruno hat sich dann vor Weihnachten der Sache angenommen, ist aber prompt wieder ausgefallen. Darum die Verspätung in der Berichterstattung. Zum Glück hat es sich so gefügt, dass wir die Geschichte zum Auferstehungsfest bringen können. Die beschriebene Situation ist der Stand per Ende Jänner 2015. Bei wesentlichen Änderungen werden wir wieder berichten.
An Christus soll die Kirche wachsen
– nicht an Gebäuden
Ein Brief von Herbert Rainer Pelikan
An die
Pfarrgemeindevertretung der Evangelischen Pfarre A.B. in A-4810 Gmunden
Betreff: zerstörerische Pläne für zu- ·.und Umbauten bei der ev. Kirche (zweiter Pfarrgemeindesaal zwischen Pfarrhaus und Kirche; Schaffung von neuen Eingängen in die Kirche wo jetzt die Fenster sind; Kirchenbänke raus und Sessel hinein um einen neuen Altar in der Raummitte; neuer Eingang zum Pfarrhaus auf der Straßenseite) .
Aussendung ahläßlich Sitzung der Pfarrgemeindevertretung am Freitag 23.Jänner 2015.
Sehr geehrte Damen und Herren der Ev. Pfarrgemeindevertretung!
Am 25. November 2014 habe ich an das Komitee zur Herausgabe des Pfarrbriefes geschrieben mit dem Ersuchen um Einschaltung eines Artikels von mir betreffend die Pläne für Zu- und Umbauten bei der Ev. Kirche in Gmunden. Bis heute habe ich keine Antwort erhalten. Daher wende ich mich wieder direkt an sie als Pfarrgemeindevertreter und -vertreterinnen.
Wie bekannt, hat das Bundesdenkmalamt in einem Schreiben vom 3. November 2014 die oben unter „Betreff“ angeführten Zu- und Umbaupläne abgelehnt. Nach diesem Schreiben werden die nach Ansicht des Amtes nicht so wertvollen Seitenbänke zur Disposition gestellt. Dem kann ich mich nicht anschließen. Ich und viele Gemeindeglieder wollen die Kirche erhalten, wie sie ist (mit Ausnahme barrierefreier Zugang beim Haupteingang).
Ja, ich finde sogar die alten Bankreihen links und rechts in der Kirche und unter der Empore erhaltenswert, stammen sie doch aus dem alten Bethaus der ev. Pfarrgemeinde in der Bahnhofstraße und erinnern uns an die schwierigen Anfänge der Gemeinde.
Wozu überhaupt diese Zu- und Umbaupläne? Eine Antwort von den Betreibern dieser Pläne finden wir im Protokoll zum „Gemeindevertretertag“ vom 19. 0ktober 2013 unter Punkt 5.3.: „Gott ist unser Fundament und kann durch uns sichtbar werden. Unsere Gemeinde/Kirche soll Treffpunkt und Oase sein, in der dies gelingt. Ein zentraler Punkt ist es, die heutigen Bedürfnisse zu erkennen und darauf einzugehen (Form nicht Inhalt).“ Und unter Punkt 5.4 wird ausgedrückt die „Hoffnung auf den Vorteil, daß der Bau die Neugierde in der Öffentlichkeit wecken könnte“. Und eine „wärmere Gemeinschaft.“ soll dadurch entstehen (Punkt 5.6). Eine Gruppe in der Gemeindevertretung hofft also, daß durch die neue Form, d.h. durch die Verwirklichung der Zu- und Umbaupläne, zusätzlich Menschen motiviert werden, in die Kirche zu gehen und am Gemeindeleben teilzunehmen. Ein frommer Wunsch!
Sieht man allerdings in die Kirchengeschichte, so ist zu erkennen, daß das Urchristentum nicht durch die Errichtung von Kathedralen erfolgreich war, sondern durch die Predigt des Evangeliums und die soziale Tätigkeit. Der „Inhalt“, nicht die „Form“ war entscheidend! Es nützt nicht das modernste Verkaufsgeschäft, wenn nur Ramsch angeboten wird. Die Hoffnung, durch einen „babylonischen Turmbau“ mehr Leute in die Kirche zu bekommen, ist eine trügerische. Im Gegenteil, durch die Verwirklichung der zerstörerischen Zu- und Umbaupläne kann es geschehen, daß viele treue Kirchenbesucher, welche diese Pläne ablehnen und sich ihrer geistlichen Heimat beraubt sehen würden, nicht mehr in die Kirche gehen.
So wären zu guter Letzt weniger Leute in der Kirche als vorher. Bei allen Überlegungen über Pläne für Zu- und Umbauten bei der Kirche muß man an die nachfolgenden Generationen denken. Denen würde vielleicht der ursprüngliche Zustand wieder gefallen. Denken wir doch z.B. an die Zerstörung vieler alter Geschäftsfassaden in den 1960er Jahren, die alten schönen Holzverkleidungen und die Unterteilung durch Säulen mußten weg, große Auslagenscheiben mußten rein – und heute gefallen uns in Wien am Graben (und auch bei uns in Gmunden) die Fassaden der Geschäfte, die noch die Fassade vom Jahre 1900 haben!
Was die Kosten für die angedachten Zu- und Umbauten betrifft, ist zu sagen, daß sie eigentlich „unchristlich“ sind: ca. 4 (vier) Millionen Euro! Und es sind unnötige Kosten. Es ist ja nicht so, daß es in die Kirche hineinregnen täte, und sie zusammenzufallen drohte. Im Gegenteil, wir haben eine solide und sehr schöne neugotische Kirche im Stil englischer Landgotik, auf die wir stolz sein können. Renovierung – Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes durch Erneuerung – „ja“, Zu- und Umbauten „nein“!
Die Evangelische Pfarre Gmunden ist eine Pfarre Augsburger Bekenntnisses, also lutherischer Konfession und unterliegt der lutherischen Gottesdienstordnung. Von dieser Pfarrgemeinde wurde die Kirche und die ganze Pfarrhofanlage errichtet. Wenn nun eine kleine Gruppe von Pfarrgemeindevertretern bzw. von Kirchenbesuchern ihrer Glaubenseinstellung nach charismatisch-evangelikale Einstellungen hat, so kann sie natürlich auch die lutherische Kirche für ihre Gottesdienste benützen. Sie soll aber das Kirchengebäude selbst in Ruhe lassen und nicht versuchen, sie gemäß ihren Glaubensbedürfnissen und liturgischen Wünschen umzugestalten.
Andernfalls soll sich diese Gruppe auf einem anderen Platz in Gmunden selbst eine Kirche errichten, dort kann sie dann den Innenraum gestalten, wie sie will. Und diese Gruppe soll ferner nicht versuchen, ihre Liturgievorstellungen den anderen aufzuzwingen.
Wir aber wollen unsere schöne Evangelische Auferstehungskirche in Gmunden, Erbe unserer Väter und Mütter, in ihrer Schönheit bewahren, wie sie ist.
Daher sind wir gegen jegliche Um- und Zubauten in- und außerhalb der Kirche (ausgenommen symmetrische Rampen für barrierefreien Zugang beim Eingang). Das gilt auch fürs Pfarrhaus, das wie die Kirche unter Denkmalschutz steht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Herbert Rainer Pelikan
Dr. Pelikan gehört der Evangelischen Pfarrgemeinde A. B. in Gmunden an. Er hat evangelische Theologie und Germanistik an der UNI-Wien studiert und war dort Universitätslehrer am Institut für Kirchengeschichte, kirchliche Kunst und christliche Archäologie. Danach wurde er Militärseelsorger und war zuletzt Leiter der evangelischen Militärseelsorge beim Bundesheer im Range eines Evangelischen Militär-Seniors (entspricht einem Brigadegeneral). Seit 1. 12. 2010 ist er im Ruhestand.
Postings. Interessant der Hinweis auf die „Villa Clusemann“ – passt gut zu unserem heutigen Hauptthema „Verschandelung Gmundens“. Bürgerleins – wacht auf!
Und eine Frage drängt sich auf. Oder vielmehr eine Hoffnung. Dass „Gmundens Totenglöckchen“ nicht einen so frechen Brief an den Azubi-Bürgermeister schreibt. Sonst gibt es wieder eine Resolution gegen böse Briefe. Das heute mit den „Busen bis zum Kinn“ ist ja wirklich grenzwertig. Aber als Parodie gehts durch. Oder als Übertreibungsprosa in Bernhardscher Tradition, die letztlich ihre Wurzeln hier in Gmunden hatte. Bernhard war bekanntermassen mieselsüchtig, aber gleichzeitig ein guter Beobachter.
Gmundens Totenglöckchen
Gesendet am 05.04.2015 um 10:41 nachmittags | Als Antwort auf totehosemadeingmunden .
Gmunden ist zurecht als “Hauptstadt der lebenden Toten” bekannt. Nachbarschaft tot – da vegetieren die Zugezogenen in ihren Sozialbaualtersheimen seit Jahrzehnten vor sich hin, der Nachwuchs ist schon als vergraben geboren worden damit keiner bemerken soll, wie dumm der ist. Ach ja, Statements von ausrangierten zB Ebenseern wie “meine Tochter ist schon so fett, dass ihr x-fach Kinn bis zum Busen reicht” ist kein Wunder, wenn man seit Geburt ca 40 Jahre soziales Privatleben vergraben im Elternhauserl lebt.
Ansonsten hat Gmunden nur mehr Image von Personen 20+ als Hort vergreister Bauerntöpel!
Gmundens Totenglöckchen
Gesendet am 05.04.2015 um 10:19 nachmittags
Die “Löwenzahnnummer” hätte auch ich nicht als Aprilscherz aufgefasst – das passt doch zu dem geistigen Niveau der Gmundner – ergo Realitas!
Zubau “Villa Clusemann” – schlimmer geht wohl nimmer. Da sieht man ja bei dem Klotz die Villa nicht mehr – Gmunden eben. Alles verschandeln!
Bahnhofumbau Gmunden. Offenbar schaffen es weder ÖBB noch Gmundens Verantwortliche a la Sageder und sonstige Wichtigtuer wie Günther Neumann nicht, Holzplatten für die Fussgänger auszulegen. Ich erlebte auch als partieller Öffinutzer – zumeist fahre ich wie soviele per Auto von A nach B – Bahnhofsumbauten in Wien, Salzburg oder Attnang-Puchheim. Nirgendwo war das Niveau so tief wie in Gmunden.
Bemerkenswert ist auch, dass vor ca 15 Jahren Gmunden an die 14000 Hauptwohnsitze hatte, mittlerweile dümpelt man seit Jahren bei 13000 dahin, obwohl auf Teufel komm raus gebaut wird und die Zweitwohnsitze nur ca 7 Prozent der Haushalte ausmachen. Was läuft hier schief?
ramona
Gesendet am 05.04.2015 um 11:47 vormittags
Hallo Bruno,
schön, dass du wieder da bist!!! Das Bild deiner ganz persönlichen Auferstehung hat mir echt gut gefallen. Das hat was!
Frohe Ostern, Ramona
Kommentar verfassen