Heute:
Bruno Beinhart über den neuen Gemeinderat
Gastkommentar von Karlheinz König über Zäune
Geschätzte Leserschaft!
Konstituierende Sitzungen sind selten prickelnd. Egal in welchem Gremium. Viel formaler Kram. Verkündigungen. Abspulen von Einsetzungsritualen. Das muss sein. Demokratie funktioniert nur bei Einhaltung von Spielregeln. Dazu gehört eben auch viel Formales. Das entschuldig aber nicht eine völlige Abwesenheit von Ideen und Vorschlägen. Das war es, was leider in der gestrigen ersten Gemeinderatssitzung im Gmundner Stadttheater zu erleben war. Dramatisch oder wenigstens spannend war leider nichts. Gar nichts. Niente.
Bürgermeister Krapf war wenig inspiriert. Sagen wir mal so. Schlechte Form. Kein Vergleich zu seinem gelungenen Auftritt bei der Wahlfahrts-Diskussion des ORF am selben Ort. Vielleicht war er nervös. Oder ihm dämmerte erstmals, was da wirklich auf ihn zukommt. Viel Arbeit, wenig Ruhm. Wenn er den Job voll ernst nimmt. Immerhin wuseln einige ÖVPler durch den Ort und geben sich mächtig maulheldig. Da merkt man nichts von der versprochenen Bescheidenheit. Von weniger Arroganz.
Ernüchternd an dieser ersten Sitzunge des Gemeinderats der völlige Mangel an Ideen. An neuen Perspektiven. Bei allen Parteien. Erstaunlich. Allerseits nur viel Blabla über bessere Zusammenarbeit. Verbesserung des Gesprächsklimas. Das sind Null-Aussagen. Vernünftige Zusmmenarbeit ist eine Grundlage der Kommunalpolitik. Ebenso der respektvolle Umgang miteinander. Dass Köppl mitsamt der ÖVP sich hier schwer versündigt haben, wissen wir alle. Ob es sich wirklich ändern wird, das schauen wir uns an. Lippenbekenntnisse sind eines. Die gelebte Praxis etwas anderes. Ob die ÖVP der Versuchung widerstehen wird, bei umstrittenen Massnahmen nicht mit ihrer Mehrheit drüberzufahren? Den Beweis wird sie noch liefern müssen.
Leider waren die ersten Wortmeldungen im GR frei von neuen Ideen. Da hätten wir uns zuerst einmal von der ÖVP klare Ansagen erwartet. Welche Projekte haben Vorrang? Wohin will man gehen? Wo soll Gmunden in sechs Jahren stehen? Kein Wort zu hören. Bedauerlich auch nichts dazu von der BIG. Bei den Grünen nahm sich immerhin Otto Kienesberger ein Herz, was vom ÖVP-Publikum auf den Rängen wenig belohnt wurde. Oder anders gesagt, da fehlte der Respekt vor einem, der die Idee mit den Parkplätzen auf dem Rathaus- und Schubertplatz nicht überzeugend fand. Mit gutem Grund, da teilen wir seine Meinung. Die Adventzeit kommt. Wir schlagen vor, gleich Nägel mit Betonköpfen zu machen: Der Rinnholzplatz, der stimmungsvollste und schönste Platz in der Innenstadt, muss auch voll zugeparkt werden!
Wer kommt auf die Idee einer verparkten Innenstadt? Die pure Verzweiflung, weil die Kaufleute der Innenstadt vor dem Absaufen stehen. Wie wäre es mit Gratisparken in der Tiefgarage? Vielleicht fahren die Leute dann in die Innenstadt. Trotz der chaotischen Zustände dort.
Erschreckend die Tatsache, dass Hochegger seinen Job als Fraktionsobmann der SPÖ retten konnte. Wer es noch nicht wusste, wie unfähig dieser Mann ist, konnte es bei seiner irrlichternden „Rede“ im Gemeinderat hören. Schlechte fünf Minuten quälte er das Publikum mit Phrasen der Art, „die Wähler haben gesprochen, das muss man respektieren“ (wird haben seine reichlich konfuse Wortmeldung auf den erkennbaren Inhalt eingedampft!). Ja, eh. Leider lässt Hochegger in seiner Partei keine Wähler zu Wort kommen. Die Mitglieder nämlich. Die hätten ihm klar gesagt, dass er ins politische Ausgedinge gehört. Nicht in ein paar Jahren. Sondern sofort. Jetzt und stante pede. So aber drohen verlorene Jahre. Das Beispiel von Altmünster macht in Gmunden leider nicht Schule.
Es zeugt von einigen Mängeln der Fähigkeit zur Selbsterkenntnis, die gesamte Verantwortung für die SP-Wahlniederlage ex-VizeBgm. Dickinger umzuhängen. Das zeugt auch von wenig menschlicher Grösse. Kleine Geister sind eben nur zu kleinen Taten fähig. Ein Neubeginn sieht anders aus. In der SPÖ haben sich scheinbar jene durchgesetzt, die am wenigsten für neue Ideen stehen, die nie Ideen hatten. Die das Misserfolgsmodell wegen geringen Erfolgs prolongieren wollen. Die nur klammern und auf Posten kleben. Vielleicht auch die kleinen Privilegien weiter beziehen wollen. Man wird nicht reich als Fraktionsobmann. Aber immerhin liegt die Bezahlung durch die Gemeinde deutlich über der Mindestsicherung. Ist also eine schöne Auffettung des Einkommens. So erzielen Leute ein Gesamteinkommen, das sie mit ihren beschränkten Fähigkeiten in der Privatwirtschaft niemals erzielen konnten und könnten. Dann wundert man sich über das mangelnde Ansehen der Politik. Oder über die Verluste der SPÖ.
Herr Hochegger und seine Seilschaft blockieren die Erneuerung der SPÖ und vertreiben weiter Mitglieder und Wähler. Das ist nicht nur ein Schaden für die Sozialdemokraten, sondern auch einer für die Stadt. Ein grosser Schaden! Es fehlt an neuen Ideen der Sozialdemokraten, an neuem Schwung. Von Hochegger & Co. kamen in den letzten zwölf Jahren ohnehin keine. Es werden auch in Hinkunft keine kommen. Die Stadt braucht eine erneurte, ideenreiche und lebendige Sozialdemokratie. Leute, die wissen, wie man „Sozialdemokratie“ buchstabiert. Herr Hochegger und sein Kreis sind das glatte Gegenteil.
Ja, man wünscht sich überhaupt mehr Visionen im Gemeinderat. Zur Not kann man noch immer einen Arzt hinzu ziehen. Wenn der Visionen zu viele werden sollten. Die Gefahr besteht aber im Moment nicht. Überhaupt nicht. So wie es aussieht, braucht man im Gemeinderat nicht einmal ein Erste-Hilfe-Kästchen. Eher den Nürnberger Trichter, damit man neue Gedanken, Ideen und Ziele in die Köpfe bekommt.
Ein Lichtblick ist die Wahl des Grünen Josef Sperrer zum Vorsitzenden des Prüfungsausschusses. Der hat sich wenigstens Verdienste rund um die Aufklärung der Vorgänge beim Asamer-Hotel erworben. Wermutstropfen: Hochegger sitzt dort auch drin. Der hat sich in Sachen Asamer-Hotel das Gegenteil von Verdiensten erworben. Ausserdem fehlt ihm die geistige Ausrüstung für eine solche Funktion.
So bleibt nur zu hoffen, dass doch noch einigen der politische Knopf aufgeht.
Nötig wäre auch eine Aufarbeitung der Versäumnisse und Fehlentscheidungen der Köppl-Zeit. Einfach nur zur Tagesordnung über gehen? Ein wenig gar schwach! Nur wer die Fehler der Vergangenheit erkennt, einbekennt, Abbitte leistet, kann es in Zukunft besser machen. So aber? Die grosse Gefahr, in den Trott der Vergangenheit zurück zu fallen! Abgesichert mit einer absoluten Mehrheit. Der Schritt zur arroganten Machtausübung ist nur ein kleiner. Einige ÖVP-Funktionäre der zweiten Reihe scheinen ihn schon zu proben. Wenn man sich so umhört.
Noch zeigt die personelle Erneuerung der ÖVP keine erkennbaren politischen Ergebnisse und Folgen. Das liegt unter anderem auch daran, dass die anderen Parteien hier noch nichts gezeigt haben. Die SPÖ lässt ihre junge Riege verhungern, in der FP ist eine solche erst gar nicht in Sicht. Die Grünen werden da auch noch zulegen müssen. Ein Sperrer macht noch keine Erneuerung. Und die BIG wird das Polithandwerk schnellstens lernen müssen. Hoffentlich ohne so zu werden, wie jene Politiker, die wir schon haben.
Es gibt viel zu tun in Gmunden. Aber wer packt es an? Wer kanns?
Bruno Beinhart f. d. Team Gmundl
Anhang. Nebenbei gesagt.
Es ist mir ein Bedürfnis einige Zeilen in eigener Sache zu schreiben. Über unseren Blog.
Im Internet wuchern die Verschwörungstheorien. Schon immer. Jetzt aber besonders. Das Netz ist voll mit Lügengeschichten über die Flüchtlinge. Mit Schauermärchen. Mit rechtsradikaler Propaganda. Oder einfach nur mit den Wortmeldungen dummer, bescheuerte Menschen. Wir hier bemühen uns, weder naiv-freudig noch hetzerisch-böse zu berichten. Zu kommentieren. Wir versuchen, zu schreiben, was ist. Was wirklich ist.
Auch wenn uns einige ÖVP-Dodeln in Online-Foren als „Schmierfinken“ beschimpfen. Wir halten unsere Linie. Wir wollen ein Ärgernis sein für die Machthaberer. Aber nicht, weil wir lügen. Sondern weil wir auf Schwachstellen hinweisen. Auf Skandale. Auf Missstände. Egal in welcher Frage. Ob Regio. Ob Hotel. Ob Flüchtlingsproblem. Aber wir halten uns an Fakten. Erfinden nichts. Kommentieren und interpretieren. Aber nur, um die Problemlagen zu verdeutlichen. Um Verschwiegenes zu Gehör zu bringen. Verborgenes sichtbar zu machen. Wir versprechen: wir bleiben ein Ärgernis. Für Mächtige. Aber nicht auf Kosten von Menschen, die in Panik kopflos nach Europa flüchten. Die zwar mit falschen Vorstellungen kommen, aber nur ein besseres Leben suchen. Auch wenn sie bei dieser planlosen Suche die Grundlagen dessen in Frage stellen, was das Ziel ihrer Sehnsüchte ist. Auch darüber jedoch ist zu reden. Mit Anstand und Respekt. Ein Respekt, den sich unsere heimatlichen Korruptionisten nicht verdient haben.
Zäune
Ein Gastkommentar von Karlheinz König
eine art jugendherbergskette entlang der flüchtlingsroute?
zufällig fiel mir vor einigen jahren ein dokument in die hände, das dieser idee recht genau entspricht: gegen vorlage dieses ausweises bekäme man- so man in den letzten sechs monaten vier wochen gearbeitet hätte- in herbergen eine mahlzeit (die im reisedokument dann vermerkt wird) und manch anderes, etwa unterwäsche. dann gibt man noch rasch seinen nächsten zielort an und bekommt hier wie da einen stempel … dass dieses dokument (und nur deshalb wurde ich neugierig) “wanderbuch” heisst und vorne ein hakenkreuz trägt lässt sich leicht korrigieren: wir nennen es “passepartout” und pinseln die eu-flagge drüber … wir etikettieren unsere gesinnung sozusagen um.
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freilich: zäune können vieles. sie können in der gegend herumstehen. sie können ein gestalterisches element sein. und ja, sie können auch funktionieren. müssen sie aber nicht. denn ein zaun der nicht lückenlos überwacht wird ist nicht viel mehr wert als eine weisse linie in der landschaft (und wie effektive zaunüberwachung wider moral und vernunft aussieht, hat das damalige ostdeutschland vorexerziert. die monetären und menschlichen kosten hierfür kann man sich in etwa ausmalen. falls allerdings die linzer stadtwache an die grenze versetzt wird, werde ich mir vielleicht noch einmal gedanken darüber machen.). aber wenn der zaun-lobbyist weiter so fleissig ist …
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