Heute:
Babsy Blitzschnell zum Tag
GK von Michael Amon „Brexit ernsthaft?“
GK von Karl Kammerhofer „Ausgeträumt“
GK Hugo von Wald und See zu Wahlauszählungen
GK Lärmgeplagte Innenstadtbewohnerin „Lärm-Müll“
Liebe Leserleins!
Der Brexit wird uns alle noch lange Zeit beschäftigen. Er betrifft uns alle – mehr als wir wahrscheinlich im Moment ahnen. Dass sich in dieser Frage der Innenpolitiker Strache abwartend gibt, während der auf Staatsmann getrimmte Hofer innenpolitisch zündelt, ist bemerkenswert und etwas unorthodox, so rein politstrategisch betrachtet. Denn Hofer, auf Wahlwiederholung hoffend, müsste den ausgleichenden Staatsmann geben und Strache den angriffigen Innen- und Oppositionspolitiker. Neue Arbeitsteilung? Oder der verzweifelte Versuch Hofers, im Fall eines zweiten Wahlgangs einen Anti-EU-Wahlkampf zu führen?
Das Lärm-Thema werden wir in diesem Sommer mit Sicherheit weiter behandeln. Es ist ein Thema, das die Bürgerleins sichtlich am Nerv trifft. Ob die Gmundner Politik wirklich gut beraten ist, auf qualitätslose Massenevents zu setzen? Wir halten das für eine schlechte Idee. Auch wenn der Hois’n jetzt auf einen Ausbau mit Hallenbad setzt (wohl leider nur während der Saison und für Hotelgäste zugänglich), wäre es angesagt, auch politisch in touristische Qualität zu investieren.
Wir wünschen einen schönen Tag.
Babsy Blitzschnell f. d. Team Gmundl
Brexit- im Ernst?
Gastkommentar von Michael Amon
Ich möchte heute auf einige Aspekte rund um den Brexit und die Reaktionen darauf hinweisen.
War das ein »Volks«entscheid, der den Willen des »Volkes« widerspiegelt? Kommt darauf an, was man darunter versteht. Eine derart knappe Entscheidung kann man wohl nicht als »Volks«willen interpretieren. Demokratie kann nicht in einem System à la »The winner takes it all« bestehen. Eine Entscheidung, die praktisch 50:50 ausging, ist bei Lebensfragen schwer verdaulich. Hier kommen demokratische 50%+1-Stimme-Entscheidungen an ihre Grenzen. Was bei alltäglichen Fragen kein Problem ist, wird bei kaum reversiblen Entscheidungen in Lebensfragen zum Problem. Die Entscheidung, einen Tunnel zu bauen oder nicht, kann jederzeit revidiert werden, wenn sie sich als falsch herausstellt. Ein EU-Austritt stellt auf Jahrzehnte Weichen, die niemand einfach umstellen kann, wenn sich der Austritt als Blödsinn erweist.
Das ist das große Problem bei jeder Art von Abstimmung über einzelne Themen. Wenn man die Schweizer jetzt etwa über das »bedingungslose Grundeinkommen« befragt hat, sicherlich auch die Entscheidung über eine Lebensfrage, dann ist das NEIN der Schweizer eine revidierbare Entscheidung. Wenn sich die Ansicht der Mehrheit zu dieser Frage ändert, kann man den Beschluß relativ leicht widerrufen. Ein Beitritt zum Euro und die Aufgabe des Schweizer Franken (oder in Österreich eine Rückkehr zum Schilling) ist jedoch eine Lebensfrage, und die Antwort darauf praktisch kaum in absehbarer Zeit widerrufbar. Bei solchen Fragen genügt es nicht, mit einer Stimme Mehrheit zu agieren und sich dann noch auf den »heiligen Volkswillen« zu berufen (wie das eben der FP-EU-Abgeordnete Vilimsky in Sachen Brexit getan hat). Bei der Abstimmung über solche Fragen müßten hohe Anforderungen gestellt werden: Teilnahme von mindestens drei Vierteln der Wahlberechtigten und eine qualifizierte Zwei-Drittel-Mehrheit.
Man sollte auch als Befürworter des Brexit zurückhaltend mit dem Jubel sein. Denn eine ziemlich kleine Mehrheit (1,1 Millionen Mehrstimmen bei rund 65 Millionen Einwohnern) hat die Lebensentwürfe von vielen Millionen Menschen schwer beeinträchtigt oder gar vernichtet. Das ist kein Grund zum Jubeln, sondern ein Grund für Nachdenklichkeit. Nachdenklichkeit und Nachdenken über die Frage, ob wir bei angeblichen Volksentscheiden nicht in ein System der Diktatur knapper Mehrheiten geraten. Demokratie besteht im Interessenausgleich, im Kompromiß. Angebliche Volksentscheide entziehen sich durch ihre Ja-Nein-Fragestellung diesem Interessensausgleich. Vergessen wir nie: die stalinistischen Ostblock-Diktaturen nannten sich selbst »Volksdemokratien«.
Aber kommt der Brexit jetzt wirklich? Man wird sehen. Man muß jedoch darauf hinweisen, daß die Aufforderungen der EU-Spitzen, Cameron möge schon diese Woche die Austrittserklärung abgeben, den britischen Noch-Premier zum Gesetzesbruch auffordert. In der britischen Konstitution ist das Parlament die einzige Entscheidungsinstanz. Nur das Parlament kann einen EU-Austritt beschließen. Die Abstimmung ist nicht rechtsverbindlich. Es muß also erst eine Mehrheit im Unterhaus den Austritt beschließen. Hier besteht aber das freie Mandat. Kein Parlamentarier ist an das Ergebnis der Volksbefragung gebunden. Es ist keineswegs gesagt, daß es eine Mehrheit der Abgeordneten für den Brexit gibt.
Was ebenfalls übersehen wird: es gibt komplizierte Regelungen innerhalb des UK, was die Beziehungen von Wales, England, Irland und Schottland zueinander und zum britischen Parlament betrifft. Die Schotten können, so sagen Verfassungsrechtler, wahrscheinlich einen Brexit mit einem Veto gegen einen diesbezüglichen Parlamentsbeschluß verhindern. Die Frage ist, ob die schottische Regierung diesen Weg geht oder lieber erneut versucht, aus dem UK auszutreten. Dazu kommt das Recht, daß eine Petition mit mehr als 100.000 Stimmen im Parlament behandelt und abgestimmt werden muß. Brexit-Gegner haben eine Petition gestartet (schon vor der Abstimmung), daß mindest 75 % der Wahlberechtigten mit einer Mehrheit von 60 % entscheiden müssen. Derzeit hat diese Petition schon fast vier Millionen Unterzeichner. Es ist nicht undenkbar, daß diese Petition im Parlament eine Mehrheit bekommt. Dann stellt sich die Frage des Brexit gänzlich neu.
Es ist nicht auszuschließen, daß es zu einem ganz anderen Szenario kommt. Die Konservativen müssen einen neuen Parteichef wählen. Daß dies der ehemalige Bürgermeister von London, Boris Johnson sein wird, ist keineswegs sicher. Es kann durchaus sein, daß jemand ganz anderer zum Zug kommt, der dann sofort in Neuwahlen geht. Neuwahlen bringen neue Parlamentsmehrheiten. Wenn etwa jene Parteien eine Mehrheit erhalten, die gegen den Brexit sind (Liberale und Labour), kann es ebenfalls sein, daß das Unterhaus den Brexit nie beschließt. In diesem Fall durchaus demokratisch legitimiert durch die Unterhauswahlen.
Man soll auch ganz klar sagen, daß die Brexit-Befürworter ein schweres Glaubwürdigkeitsproblem haben, das die Legitimität des Abstimmungsergebnisses in Frage stellt. Sie haben die Bevölkerung angelogen. Das Zuwanderungsproblem ist im UK kein EU-Problem, sondern ein selbst produziertes: jeder Bewohner des ehemaligen Commonwealth hat das Recht, sich auf der Insel niederzulassen. Das Pakistani-Problem schlägt das Polen-Problem um Längen.
Bei den Beträgen, die man nach Brüssel überweist, hat die Propaganda gelogen. 4,9 Milliarden Euro (Nettoleistung, also Zahlungen nach Brüssel abzüglich Rückflüsse) im Jahr ergeben pro Woche 94 Millionen, die »nach Brüssel« überwiesen werden. Keine Rede von jenen 445 Millionen Euro (350 Millionen Pfund), die man behauptet hat. Und von denen man versprach, sie bei einem Brexit statt dessen dem National Health Service zur Verfügung zu stellen. Noch in der Wahlnacht ist Herr Farage von der UKIP von dieser Idee schnell abgerückt.
Auch in Fragen Zuwanderung wurde sofort klar, daß auch die Brexit-Befürworter weiterhin Billigarbeitskräfte ins Land lassen würden. Ironie am Rande: durch die Brexit-Abstimmung ist das Pfund stark gefallen. Dank dieser grandiosen Leistung der Austritts-Befürworter zahlen die Briten (als Nicht-Eurozonen-Mitglied) bis zum möglichen Austritt (man rechnet mindestens vier Jahre, die zwei Jahre sind Theorie) unter Umständen bis zu 30 % mehr – dank der Abwertung des Pfundes infolge der Abstimmung, ohne daß Europa dadurch einen Euro mehr erhält.
Aus all diesen Gründen ist es europa- und demokratiepolitisch klug, den Briten Zeit mit ihrer Entscheidung zu lassen. Wie die letzten Endes ausfällt, wissen wir nicht. Auf einen tatsächlich vollzogenen Brexit würde ich derzeit nicht wetten.
Ausgeträumt!
Britannien hat ausgeträumt und ist jetzt mit einem ordentlichen Kater aufgewacht
Gastkommentar von Karl Kammerhofer
Es gibt im Norden Britanniens den Hadrian Wall, der klar die Engländer von den Schotten trennt. Die wollen das so. Es gibt aber auch eine Art demografischen Hadrian Wall: der trennt die erwerbstätige junge Bevölkerung von den älteren Menschen/Mindestrentnern in Britannien. Dieser demografische Hadrian Wall trennt aber auch jenen Menschen, die in der Lage waren, durch Auslandsreisen, Zeitungen und Bücher sich selbst zu informieren, von jenen älteren Briten und SUN-Lesern am Land, die auf verhaltensorginelle Demagogen wie Johnson (ehemals Londoner BgM mit dotterfarbenen Haaren) leicht hineinfallen konnten.
Dieser neue Hardian Wall trennt aber auch die Leute aus London, Manchester, Liverpool, Cambridge, Schottland und Nordirland, also Leute, die viel mit der EU und Ausländern zu tun haben, von den Leuten am flachen Land, die zwar den Polen gerne die dreckige/nasse (wet &dirty jobs) Arbeit machen lassen, aber sonst mit ihnen nicht viel zu tun haben wollen.
Alles erinnert hier in der Brexit-Wahl in Britannien an den Wahlkampf zwischen VdB und Hofer in Österreich. Auch in Österreich gibt es diese Hardian Wall: Auf der einen Seite die gebildeten, städtischen, jungen und weiblichen Österreicher in Vorarlberg, Tirol, Oberösterreich und Wien, die für sich eine positive Zukunft sehen, und auf der andern Seite eher die Krone-Leser am Land, Menschen aus Kärnten, Burgenland, NÖ und Steiermark, die eher älter bis alt sind, Männer sind und eher Menschen, die laut Meinungsumfragen keine erfreuliche Perspektiven in der Zukunft für sich mehr sehen. Das ist halt so, und diese Tatsachen kann man nicht wegdiskutieren, auch wenn anonyme, feige (Hass)Poster-Schreiber das anders sehen. Umso erfreulicher war es, dass in Gmunden die Bevölkerung zu 60% (inklusive Wahlkarten) VdB gewählt hat. Das macht Mut, dass sich diese Haltung auch künftig in der Politik in Gmunden niederschlagen.
Zurück zu Britannien. Noch vor einem Jahr war dem Johnson der Brexit blunzenegal. Er hat aber vor gut einem halben Jahr als abgehalfteter Politiker und Cambridge Burschenschafter erkannt, wie er der alten und in vieler Weise benachteiligten Bevölkerung am Land einen Außenfeind vorgaukeln kann. Junge Leute in Britannien – um deren Zukunft es ja letztlich geht – wollten aber zu 75%(!) in der EU verbleiben. Jetzt hat Johnson die jungen Leute in den Dreck geritten, und seit gestern hat er es aber gar nicht mehr so eilig sich von der EU zu trennen. So sind halt Demagogen: in Britannien und in Österreich.
Inzwischen haben die Brexit Befürworter gleich gestern schon zwei weitere Versprechen gebrochen: es wird weiter Zuzug aus der EU geben (denn wer sonst soll die Drecksarbeit in Britannien sich antun?), und es fließen die 5 Milliarden EU Geld doch nicht in das britische Gesundheitssystem. Wie sollten sie das auch: wenn die Briten ungehinderten Zugang zum Europäischen Binnenmarkt haben wollen, müssen sie zahlen. Satt und ordentlich. Genau so wie die Schweizer und Norweger. Zusätzlich sind tausende bilaterale Verträge dann auch noch abzuschließen. Die Regionalpolitiker mit den hübschen Vorgarten in Cornwell sind jetzt auch plötzlich nüchtern aufgewacht. Sie sind darauf gekommen, dass künftig jährlich die halbe Milliarde EU Geld als Regionalförderung nicht mehr nach Cornwall fließen werden und fordern zum Ausgleich jetzt das Geld vom britischen Schatzkanzler. Für diesen Exit hat diese Region votiert – aber ohne die Folgen erkennen zu wollen.
Nachbemerkung: Während der Herrschaft der Konservativen in den letzten Jahren – die das Finanzkapital und die Vermögenden exzessiv begünstigen – sind die Immobilienpreise in Britannien exzessiv gestiegen. Jenes Haus meiner damaligen englischen Firma in einem Dorf namens Kingston Deverill, dass ich vor 20 Jahren in der Grafschaft Whiltshire wieder an einem Engländer verkaufte, wird heute bei einem Immobilienmarkler exakt um das Vierfache(!) von damals wieder angeboten. Die nicht so wohlhabende Bevölkerung Britannien, die sich Wohnen jetzt nicht mehr leisten kann – auch dort gibt es riesige Spekulations-Leerstände – erkennt nicht die wahren Verursacher und Nutznießer der Wohnungsnot.
Wahlauszählungen
Gastkommentar von Hugo von Wald und See
Antwort auf Karl Kammerhofer
Nein ich war noch nie in England und werde auch nie hinkommen und auch nicht
in die USA. Dafür war er in Moskau. Allerdings vor 1990 . jetzt kommt er auch nicht mehr nach Moskau.
Den Medien zufolge ergibt sich die Meinung das es in Österreich der Verbesserung bedarf. Dies bestätigt auch persönliche Wahrnehmungen bei der
Wahlkartenübernahme.
Bis jetzt gabes jedenfalls keine Wahrnehmungen bezüglich Schwierigkeiten in
bei Wahlkartenin englischen Medien.
Fest steht, daß der Wählerwille von vielen Politikern ignoriert wird und die
Kommentare darüber haltlos und unsachlich sind. Es kann doch nicht sein, daß eine Minderheit Zeugnis über Mehrheit abgibt.
Lärm-Müll
Gastkommentar von Lärmgeplagte Innenstadtbewohnerin
Lärm-Müll in der Innenstadt: Antwort auf Ohropax und Herrn Kraushaar.
Diese Mega-Veranstaltungen einer Subkultur gehören auf die grüne Wiese, so wie z. B. der Zirkus Roncalli (der gehört aber nicht zur Subkultur!). Man könnte auch die einstmals teuer angeschaffte Sporthalle benützen, mit Basketball allein ist sie sicher nicht ausgelastet.
Mit dieser Lärm-Zumüllung macht man endgültig dem Qualitätstourismus, aber auch den Einwohnern von Gmunden den Garaus. Ich z. B. verbringe den ganzen Monat August nicht in Gmunden trotz der herrlichen Landschaft, denn ich kann es nicht mehr ertragen, nächtelang um meinen Schlaf gebracht zu werden. Desgleichen sieht man am Wochenende kaum einen einheimischen Gmundner auf dem Stadtplatz oder auf der Esplanade, die Ortsässigen halten es anscheinend hier nicht mehr aus bei dem Massenansturm des Tagestourismus. Ich würde als Tourist sicher nicht länger als einen Tag in Gmunden verbringen wollen.
Weiters möchte ich nicht wissen, wie viel Steuergeld die Stadtgemeinde zuschiessen muss, falls so eine Mega-Veranstaltung kein Geschäft ist und es nicht genug zahlende Besucher gibt. Der Veranstalter bekommt auf jeden Fall sein Geld. Also, was nützt es? Cui bono? Die Lebensquaiität der Innenstadtbewohner wird kaputt gemacht, übrig bleibt für die Stadtgemeinde die Müllbeseitigung und die Bezahlung eines fast wahrscheinlichen Verlustes.
Kommentar verfassen